Gerettet durch Nabelschnurblut Mathias’ Blut ist ein Cocktail aus drei Menschen

Düsseldorf · Zwei Familien aus NRW retteten dem Franzosen mit der Spende Nabelschnurblut das Leben. Jetzt radelte Mathias Malzieu von Paris nach Düsseldorf, um sie zu treffen.

 Franzose Mathias Malzieu (Mitte) trifft seine Spenderfamilien: Sabine und Christina Többen aus Köln (r.) und Aynur Cucum mit Tochter Eylem aus Ahaus, deren Mutter gespendet hatte, aber erkrankt ist.

Franzose Mathias Malzieu (Mitte) trifft seine Spenderfamilien: Sabine und Christina Többen aus Köln (r.) und Aynur Cucum mit Tochter Eylem aus Ahaus, deren Mutter gespendet hatte, aber erkrankt ist.

Foto: Juliane Kinast

Ein Jahr lang fühlte Mathias Malzieu sich wie „ein Vampir im Pyjama“. Der Franzose litt unter Aplastischer Anämie, bei der das Kochenmark zu wenig Blutzellen produziert. Mit dem Ergebnis einer extremen Blutarmut. Unter 30 Millionen registrierten Knochenmarkspendern gab es niemanden, der ihm das Leben hätte retten können. Bis die Anfrage seiner Ärzte die José-Carreras-Stammzellbank an der Düsseldorfer Uni-Klinik erreichte. Jetzt radelte Malzieu von Paris in die NRW-Landeshauptstadt, um seinen Rettern zu begegnen. 

In der Stammzellbank lagern rund 27 000 Transplantate aus Nabelschnurblut. Denn dessen Stammzellen sind ebenso wertvoll wie die einer Knochenmarkspende, nur noch flexibler und zudem nicht mit einem Eingriff verbunden. Seit 1996 haben die Uni-Forscher aus Düsseldorf 1370 Transplantate weltweit verschickt.  „Zuerst nur für Kinder“, erklärt Gesine Kögler, Leiterin der Stammzellbank. „Dann hat man entdeckt, dass man mit zwei Transplantaten auch Erwachsene behandeln kann.“

Und so wurde 2014 der Blut-Cocktail für Mathias Malzieu gemixt. Aus dem Nabelschnurblut einer deutschen Familie aus Köln und einer türkischen Familie aus Ahaus. „Er hat im Alter von 40 das Blut von Babys bekommen“, verdeutlicht Kögler – das sei extrem produktiv und werde den Empfänger vermutlich überleben. Der glaubt, das auch zu spüren: „Ich bin besser und schlechter als je zuvor“, sagt er – sensibler, gefühlvoller.

Überlastung in Kreißsälen bereitet Stammzellbank Probleme

Der Kontakt zu den Spenderfamilien kam zustande, nachdem Malzieu vor zwei Jahren ein Buch über seine Krankengeschichte geschrieben hat. Acht Tage vor dem Zusammentreffen am Rhein schwang er sich nunmehr in der französischen Hauptstadt auf ein E-Bike, um 70 Kilometer pro Tag gen Deutschland zu strampeln. Er sagt, er wollte Zeit haben, sich vorzubereiten. Nervös sei er gewesen. „Aber es war eine gute Nervosität, wie vor einem Date.“

Ähnlich geht es Sabine Többen (47) und ihrer 19-jährigen Tochter Christina. „Es ist ein komisches Gefühl, dass wir aus dem gleichen Blut bestehen“, sagt die junge Frau. „Wir sind ja wirklich Blutsgeschwister.“ Für ihre Mutter ist es aber auch befremdlich, dass ihr nun als Lebensretterin gehuldigt wird – tat sich doch nicht mehr, als seinerzeit im Kreißsaal eine Unterschrift zu leisten: „Man hat das Gefühl, man hat nicht viel gegeben. Dabei ist es doch so wertvoll.“ Beide haben die Hoffnung, dass solche Spenden in der Zukunft einfach selbstverständlich werden. Dem entgegen allerdings steht laut Stammzellbankleiterin Kögler unter anderem die Überlastung der Geburtshilfe, die eine Aufklärung der werdenden Mütter sowie die Stammzellentnahme wertvolle Zeit kostet. Sabine Többen arbeitet selbst in der Düsseldorfer Stammzellbank und drängte deshalb auf die Einlagerung des Nabelschnurblutes.

Zu Mathias Malzieus Glück. Zum Dank hat der Rockmusiker einen Song für seine Retterfamilien aus NRW geschrieben, den er zum ersten Treffen am Freitag mitbrachte. Sein E-Bike, mit dem er aus Paris kam, wird zugunsten der José-Carreras-Stammzellbank versteigert. Seine „neuen Familien“, wie der 45-Jährige sie nennt, wird er nicht mehr aus den Augen verlieren. „Wir haben schon eine Einladung nach Paris“, sagt Christina Többen.

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