Braunkohletagebau : Garzweiler 2 - Bürger wehren sich gegen Umsiedlung und wollen Entscheidung gegen RWE erzwingen
Düsseldorf Im Braunkohletagebau Garzweiler 2 sollen einige letzte Orte umgesiedelt werden. Aber die Menschen gehen nicht. Menschenrecht statt Bergrecht – das ist ihr Slogan.
Britta Kox aus Erkelenz-Kuckum gibt ihr altes Haus nicht auf. Ihre Urgroßmutter hat hier 14 Kinder erzogen. Dann ist es durch die Generationen gegangen. Und jetzt ist es von Baggern der RWE Power AG bedroht: Der Energiekonzern baggert Braunkohle im niederrheinischen Revier ab. Im Gemeinwohlinteresse, heißt es rechtlich. Damit verstromt werden kann und ausreichend Energie zur Verfügung steht. „Für eine völlig veraltete Energieform“, sagt Kox. „Meine Kinder sollen bald nicht nur in ein schwarzes Loch blicken, in dem unser Leben versunken ist.“ Deshalb sagt sie: „Mich muss man hier raustragen, bevor der Bagger kommt.“
Kox gehört einer Solidargemeinschaft an, die jetzt aktiv ihre Heimat retten will. Zu viele sind schon weggezogen, wurden enteignet, entschädigt – und sind umgesiedelt. „Bergbauliche Inanspruchnahme“ nennt man das. Die Häuser stehen zum großen Teil leer. „Da, wo viele jetzt ihre neuen Häuser haben, sieht es aus wie in Legoland. Mit unseren Dörfern hat das nichts mehr zu tun“, sagt Marita Dreesen aus Kuckum. Sie will das nicht. Sie will bleiben. Und klagt, dass sogar die Kirchen die Menschen aufgegeben haben. „Sie sagen, wir Kirchen müssen dahin, wo die Menschen sind. Aber wir brauchen sie hier.“
30 Prozent der Häuser in den bedrohten Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Berverath, Unter-/Oberwestrich und Holzweiler Höfe im Tagebau Garzweiler sind noch nicht enteignet. Weniger als 200 Häuser. Ihre Bewohner wollen bleiben. Aber der Plan steht: Keyenberg soll 2023, Kuckum 2026 „besenrein sein“, wie der Frankfurter Rechtsanwalt Dirk Teßmer es ausdrückt, der jetzt die Ansprüche der Solidargemeinschaft formuliert. 13 Personen aus neun Familien stehen dahinter. Exponierte, denen mehr als ein Haus in den Ortschaften gehört. Das finanzielle Angebot von RWE kann ihren Idealismus nicht aufwiegen. Sie wollen retten, was da ist. Und nicht hinnehmen, etwas zu bekommen, was erst entsteht, aber niemand will. „Das ist hier jeden Tag Gesprächsthema“, sagt Ralf Bußberg von „Klimatisch Erkelenz“. „Rechtliche Klarheit wollen wir“, sagt Birgit Wichy aus Wanlo. „Aber auch die Öffentlichkeit soll wissen, was heute noch im Namen der Kohle passiert.“