Fußball vor Lockdown?

Die Länderspiele in Europa haben die Diskussion über einer Sonderrolle des mächtigen Profifußballs in der Corona-Krise belebt. Zu Recht, wenn man auf die nicht nachvollziehbare Genehmigung des Länderspiels des DFB gegen die Ukraine durch das Leipziger Gesundheitsamt denkt.

 Der ehemalige Chefredakteur Franz Schmedt mit NOZ-Sportchef Harald Pistorius. Foto: Michael Gründel

Der ehemalige Chefredakteur Franz Schmedt mit NOZ-Sportchef Harald Pistorius. Foto: Michael Gründel

Foto: WZ/Michael Gründel

Und auch die Austragung der gestrigen Partie im Risikogebiet Andalusieen gegen Spanien darf in Zweifel gezogen werden. Gewünscht hätte man sich von den DFB-Verantwortlichen, die ja gern ihre gesellschaftliche Verantwortung betonen, zumindest etwas verständnisvollere, über den Tellerrand hinausreichende Aussagen. Doch der Verband verschanzt sich in seiner Argumentation  hinter Behörden und Verträgen.

Wie die Vereine nutzen die Verbände jede Möglichkeit, um an TV-Gelder zu kommen. Das stört die Bundesliga, wo die Kritik an den Länderspielen besonders laut ist. Das entlarvt so ganz nebenbei den unveränderten Egoismus von Bayern, BVB und Co., die selbst getrieben sind von der Angst vor Einnahmeverlusten,  ist aber im Kern richtig.

Länderspiele und die Reisen von Teams, deren Spieler aus  vielen Ländern zusammenkommen, erhöhen naturgemäß das Infektionsrisiko. Doch allein daran liegt es nicht, dass die Fälle auch im Profifußball steigen. Die Blase des Hygienekonzepts bekommt vor allem deshalb Risse, weil sich das Virus in exponentiellem  Ausmaß verbreitet. Was übrigens belegt, wie schwer diese Welle zu stoppen ist.

Aber der europäische Fußball trägt selbst dazu bei, denn anders als nach dem Re-Start im Frühjahr ist der Terminkalender noch enger; durch die lukrative Champions League, die regen kontinentalen  Reiseverkehr auslöst. Wenn der Fußball weiterrollen soll, dann scheint eine Beschränkung auf die nationalen Ligen bei Verzicht auf alle internationalen Spiele sinnvoll. Auch dann ist die Gefahr eines Fußball-Lockdowns nicht ausgeschlossen. Und der wäre, wenn sich die Lage weiter zuspitzt, ebenso vertretbar  wie – bei Fortgang der Krise – die Absage einer Europameisterschaft, die im Sommer 2021 in zwölf Städten über den ganzen Kontinent verteilt stattfinden soll.

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