Feuer im Krefelder Zoo Himmelslaternen und die rechtlichen Folgen - Was kommt auf die Verursacherinnen der Katastrophe zu?

Krefeld · Drei Frauen ließen Himmelslaternen in der Silvesternacht steigen. Eine der Laternen verursachte das verheerende Feuer im Krefelder Zoo. Was kommt auf die Verursacherinnen der Katastrophe zu? Ein Überblick.

Verboten, aber im Verkauf: Eine Himmelslaterne hat den Brand im Affenhaus des Krefelder Zoos ausgelöst. Experten hatten schon lange vor der Verwendung gewarnt.

Verboten, aber im Verkauf: Eine Himmelslaterne hat den Brand im Affenhaus des Krefelder Zoos ausgelöst. Experten hatten schon lange vor der Verwendung gewarnt.

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Als „fliegende Brandstifter“ haben die Richter des Oberlandesgerichts Koblenz 2015 die sogenannten Himmelslaternen bezeichnet. Damals verurteilten sie die Veranstalter einer Hochzeitsfeier zu Schadensersatz. Bei einem durch eine solche Laterne ausgelösten Brand war in einem Yachthafen ein Schaden von gut 50000 Euro entstanden. Im Fall des katastrophalen Brandes der Silvesternacht im Affenhaus des Krefelder Zoos geht es um einen viel höheren Schaden. Zumal sich der Wert der qualvoll verendeten Tiere  kaum in Euro ausdrücken und ohnehin mit Geld nicht wiedergutmachen lässt.

Die drei Frauen, die sich bei der Polizei als diejenigen gemeldet hatten, die den Brand durch die von ihnen gestarteten Himmelslaternen wohl verursacht haben, müssen sich auf ein juristisches Nachspiel der unglückseligen Silvesternacht einstellen. Dabei sind verschiedene Konsequenzen denkbar.

Geldbuße nach der „Fluglaternenverordnung“

Der Verkauf und entsprechend auch der Kauf der Himmelslaternen ist nicht verboten. Wohl aber deren Einsatz. So heißt es in § 1 der Fluglaternenverordnung: „Es ist in Nordrhein-Westfalen verboten, unbemannte Flugobjekte aufsteigen zu lassen, bei denen der Auftrieb durch die von einer eigenen Feuerquelle erwärmte Luft erzeugt wird und die insbesondere unter den Bezeichnungen „Himmelslaterne“ oder „Kong-Ming-Laterne“ bekannt sind (Fluglaternen).“ Eine Geldbuße von bis zu 1000 Euro droht dem, der eine solche Himmelslaterne in die Luft schickt. Selbst wenn kein Schaden passiert. Erlaubt ist der Einsatz nur bei einer von der Ordnungsbehörde „örtlich und zeitlich begrenzten Ausnahme“. Was in Krefeld nicht der Fall war.

Vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung?

Schwerwiegender als eine solche Geldbuße sind die möglichen strafrechtlichen Folgen. Vorsätzliche Brandstiftung ist nach § 306 StGB mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht. Zwar müssen Staatsanwaltschaft und Gericht die Fragen noch im Einzelnen klären – doch es spricht wohl nichts dafür, dass die Frauen mit Blick auf das brennende Affenhaus und die dabei verendeten Tiere vorsätzlich gehandelt haben. Die Familie, so die bisherigen Ermittlungen, wollte ein Silvesterritual feiern. Und ließ die mit handschriftlichen Wünschen versehenen Laternen in den Himmel steigen. Dass dabei ein solcher Schaden eintreten würde – das haben sie nicht beabsichtigt.

Bleibt der Vorwurf der fahrlässigen Brandstiftung. Diese kann nach § 306d mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden. Käme es zu einer Verurteilung, so dürfte strafmildernd ins Gewicht fallen, dass sich die Frauen von sich aus bei der Polizei gemeldet haben. Arndt Kempgens, Gelsenkirchener Rechtsanwalt, betont: „Bei der Frage, ob eine solche fahrlässige Brandstiftung in Frage kommt, wird das Gericht zu prüfen haben: Hätte man beim Steigenlassen der Himmelslaterne erkennen können, dass es zu einem solchen Brand kommt?“

Für Kempgens ist aber noch ein anderer Aspekt wichtig: Es werde auch um die Frage gehen, welche der drei beteiligten Frauen die konkrete (den Brand auslösende!) Fluglaterne fliegen lassen hat. Denn es könnten nicht alle drei Frauen „pauschal“ bestraft werden, sondern nur, wer konkret mir dieser einen Laterne zu tun hatte. Nach den Ermittlungen waren vier der fünf Laternen der Familie in der Nähe des Zoogeländes gefunden worden. Die fünfte landete auf dem Dach des Affenhauses und löste wohl den Brand aus.

Die Haftungsfrage: Wer trägt den finanziellen Schaden?

Existenzieller als die strafrechtlichen Konsequenzen könnten die möglichen Haftungsfolgen sein. Ob der Zoo selbst die drei Frauen zivilrechtlich in Regress nimmt, ist bislang nicht klar. Es könnte aber auch sein, dass zum Beispiel die Versicherung, die das Affenhaus versichert hat, zunächst Geld an den Zoo zahlt und dafür ihrerseits die für den Brand Verantwortlichen in Regress nimmt. In einem solchen Fall käme es dann darauf an, ob die Frauen eine Haftpflichtversicherung hatten. Falls nein, müssten sie selbst für den Schaden einstehen. Falls doch, dann dürfte die Haftpflichtversicherung wohl zahlen.

„Wenn es nicht um Vorsatz geht, sondern um einen fahrlässig verursachten Schaden, dann tritt die Haftpflichtversicherung ein“, sagt Christian Ponzel, Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Er schränkt allerdings ein: Wenn bei der Schadensübernahme in der Haftpflichtpolice das Zünden von Himmelslaternen ausdrücklich ausgenommen ist, und ich kann nicht beurteilen, ob das in diesem Fall so war, dann haften die Betroffenen auch selbst.“

Zu der Frage, ob auch Hersteller oder Verkäufer der Himmelslaternen über die sogenannte Produkthaftung in Regress genommen werden können, konnte der Versicherungsexperte nichts sagen. Dagegen spricht zwar, dass der Verkauf dieser Produkte erlaubt ist. Allerdings wäre zu prüfen, ob die Warnhinweise ausreichend erkennbar und deutlich waren. Nach bisherigen Ermittlungen soll es auf der Verpackung keinen Hinweis auf ein Verbot gegeben haben.

Rechtliche Konsequenzen auch für den Krefelder Zoo?

Nicht nur die drei Frauen haben mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Auch der Zoo Krefeld könnte in ein juristisches Verfahren hineingezogen werden. Eine „Aktionsgruppe Tierrechte Bayern“ teilte mit, sie habe bei der Staatsanwaltschaft Krefeld Anzeige gegen den Krefelder Zoodirektor erstattet. Für die Haltung von Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen seien Innen- und Außengehege erforderlich, zwischen denen selbstständig gewechselt werden könne. Ein solches Außengehege, über das der Zoo Krefeld nicht verfügte, „hätte in dieser schrecklichen Nacht Leben retten können“, so Simon Fischer, Sprecher der Aktionsgruppe. Auch habe es keinerlei Brandmeldeanlagen gegeben.

Die Tierrechtsorganisation Peta prüft ebenfalls eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Zoos, weil den Affen „nur ein Innenbunker, aber kein Außengehege zur Verfügung stand, wohin sie hätten flüchten können“. Edmund Haferbeck, Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung bei Peta: „Der Zoo Krefeld sperrt Tiere auf engem Raum ein, ohne Fluchtmöglichkeiten – und offenbar ohne ausreichendes Brandschutz- und Sicherheitskonzept.“  Die Gefangenhaltung von Affen in Zoos sei per se Tierquälerei, fügte er hinzu.

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