Mangel verschärft sich Fehlende Medikamente in Apotheken - So steht es um die Versorgung

Düsseldorf · Der Lieferengpass ist zum Dauerärgernis geworden. Patienten sind die Leidtragenden. Die Gründe sind vielfältig.

 Die Medikamentenknappheit in Nordrhein-Westfalen nimmt stetig zu.

Die Medikamentenknappheit in Nordrhein-Westfalen nimmt stetig zu.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Medikamentenknappheit in Nordrhein-Westfalen nimmt stetig zu. „Es verschärft sich von Woche zu Woche, von Monat zu Monat“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein-Westfalen. Vor Jahren seien es lediglich noch Einzelfälle gewesen. Im Juni dieses Jahres lagen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 226 Meldungen für Lieferengpässe vor. Betroffen seien laut Preis vor allem Medikamente, die stark nachgefragt werden – von Impfstoffen über Blutdrucksenker bis zu Ibuprofen.

Gesetzlich sind sowohl Apotheken als auch pharmazeutische Großhändler dazu verpflichtet, einen Vorrat an Medikamenten für zwei Wochen anzulegen. Genau das ist aber nicht möglich. „Wenn die Händler nicht liefern, sind uns die Hände gebunden“, sagt ein Sprecher des Großhandels Sanacorp. In „guten Zeiten“ halte der Großhändler etwas vor, jedoch würden bestimmte Medikamente sofort von Ärzten und Apothekern aufgekauft werden.

Die Gründe für die Lieferengpässe sind vielfältig. „Dazu zählen knapp bemessene Lagerkapazitäten, die Zusammenlegung von Produktionsstätten oder die Abhängigkeit von wenigen oder sogar nur einem Lieferanten“, erklärt der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Thomas Preis stimmt dem zu. Seiner Meinung nach sollten vor allem mehrere Hersteller die Produktion schultern: „Wir fordern, dass mindestens drei Hersteller den Zuschlag bekommen. Eine Versorgung, die nur auf einen Hersteller setzt, bietet keine ausreichende Sicherheit.“ Drei Rabattpartner seien auch die Präferenz der DAK. „In manchen Fällen gibt der Markt den wirtschaftlichen Vertragsabschluss mit gleich drei Firmen jedoch nicht her“, sagt ein Sprecher der Krankenkasse.

Großhändler Sanacorp macht an dem Ein-Hersteller-Prinzip ein weiteres Problem aus: „Der Hersteller muss nach dem Zuschlag erst einmal seine Kapazitäten ausbauen. Sonst wäre es ja vergebene Liebesmüh.“ Ein weiterer Aspekt sei der Mangel an Rohstoffnachschub.

Hersteller haben die Produktion nach Asien ausgelagert

Um den Mangel einzudämmen, fordert Preis zudem, dass mehr Produktionsstandorte in Deutschland und Europa entstehen. Nicht wenige Hersteller haben ihre Produktion nach Asien ausgelagert. Durch niedrigere Qualitätsstandards und damit verbundenen Verunreinigungen im Ausland kam es in der Vergangenheit zu Lieferengpässen bei Blutdrucksenkern.

Die Patienten müssen mit Substituten behandelt werden. „Das verunsichert sie, insbesondere, wenn sie schwer krank sind“, sagt Reinhardt. Außerdem zieht das weitere Probleme nach sich. So können einerseits die Hersteller der Ausweichprodukte die Nachfrage nicht ausreichend bedienen und andererseits werden dadurch Kräfte gebunden, die eigentlich für die Patienten da sein sollten. Um den Mangel zu beheben, schlägt der Chef der Bundesärztekammer ein volles Lagerhaus vor. „Notwendig wäre eine Arzneimittelreserve für alle relevanten Medikamente auf nationaler Ebene“, sagt Reinhardt. Außerdem plädiert er für die Verpflichtung der Pharmaunternehmen, drohende Versorgungsprobleme zu melden.

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