Energiewende in NRW So könnte Abwärme dem Klimaschutz helfen

Düsseldorf · Eine Studie belegt für NRW ein riesiges Potenzial, CO2 einzusparen – aber noch fehlt die Infrastruktur.

 Ein Arbeiter entfernt in einer Gießerei Schlacke bei einem Abstich. Die Abwärme von Industriebetrieben kann zum Heizen genutzt werden.

Ein Arbeiter entfernt in einer Gießerei Schlacke bei einem Abstich. Die Abwärme von Industriebetrieben kann zum Heizen genutzt werden.

Foto: picture alliance / Oliver Berg/d/Oliver Berg

 „Für die Energiewende brauchen wir beides: eine Strom- und eine Wärmewende.“ Und eine Basis für diese Wärmewende in NRW nahm Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) nach diesen einleitenden Worten gleich in Empfang: in Form einer Potenzialstudie, die belegt, wie groß und noch weitestgehend unbeachtet die Möglichkeiten gerade am Wirtschaftsstandort NRW sind, industrielle Abwärme zu nutzen.

Die Studie des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz wurde in Düsseldorf auf einer Fachtagung für Vertreter von Energieversorgern, Kommunen und Industrieunternehmen vorgestellt. Die Kernaussage: Bis zu 13 Millionen Tonnen CO2 ließen sich jährlich in NRW einsparen, wenn man industrielle Abwärme konsequent nutzen würde. Das entspricht etwa 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstosses der Industrie.

Durch Berechnungen und eine landesweite Befragung von Unternehmen mit der wissenschaftlich außergewöhnlich guten Rücklaufquote von knapp 30 Prozent wurde ermittelt, das in NRW jährlich bis zu 96 Terawattstunden (TWh) Abwärme entstehen. Wirklich verwendbar davon ist etwa die Hälfte. Aktuell werden aber gerade mal 5,4 TWh tatsächlich genutzt.

Einsatzmöglichkeiten gibt es viele: Abwärme kann den Wärmebedarf des Unternehmens decken, in dem sie entsteht. Sie kann zur Versorgung von Industrie- und Gewerbegebieten verwendet werden oder über Wärmenetze auch zum Heizen von Privatwohnungen dienen. Noch aber spielt Fernwärme in der Gebäudeversorgung eine untergeordnete Rolle. Ganz überwiegend kommen Zentralheizungen zum Einsatz. Ein Ziel der Wärmewende ist, den Anteil der Wärmenetze bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen.

Wärmenetze entlasten den Endabnehmer

Der Vorteil: Wechsel bei der Wärmequelle erfordern in Netzen nur Anpassungen beim Versorger, aber nicht in jedem Haushalt. Wenn beispielsweise der Braunkohleanteil in der Fernwärmeerzeugung durch industrielle Abwärme ersetzt würde, hätte das für den Endabnehmer keinerlei Auswirkungen. So kann auch der Anteil regenerativer Energien an der Wärmegewinnung problemloser und schneller erhöht werden.

Welche gewichtige Rolle dabei die industrielle Abwärme einnehmen könnte, wird durch die Studie deutlich: Die verfügbaren 44 bis 48 TWh sind das Anderthalbfache dessen, was derzeit überhaupt in nordrhein-westfälischen Wärmenetzen bereitgestellt wird. Aber noch ist der Weg weit. Nils Dering, Klimaschutz-Experte des Lanuv und Mitverfasser der Studie, verweist auf einen zentralen Fallstrick: „Die Industrie und die Fernwärmeunternehmen müssen zusammengebracht und sich dann auch wirtschaftlich einig werden.“

Zwar belegt die Studie, dass 35 Prozent der beteiligten Unternehmen Interesse an einer Abwärmekooperation haben. Aber vielerorts ist die nötige Infrastruktur gar nicht vorhanden. Den Betrieben fehlen Heißwassernetze, die für den Transport und das Einspeisen von Abwärme in Fernwärmenetze nötig sind.

Eine weitere Schwierigkeit: Der Aufbau solcher Heißwassernetze, der ja möglicherweise subventioniert werden könnte, müsste während des laufenden Produktionsprozesses erfolgen. Glas- oder Aluminiumhütten produzieren rund um die Uhr. Das erfordert eine jahrelange Vorbereitung. „Darum“, sagt Dering, „muss man schon jetzt beginnen, um bis 2030 die angestrebte Dekarbonisierung der Fernwärme zu erreichen.“

Die Ergebnisse der Studie stehen online zur Verfügung – inklusive regionalisierter Karten.  energie

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