Feldhockey Meisterschaft als Olympia-Trostpflaster

Stürmerin Elisa Gräve verpasste verletzt Olympia. Der Gewinn der Meisterschaft im Hockey mit dem DHC soll trösten.

 Elisa Gräve hat den DHC-Titel auf der To-do-Liste.

Elisa Gräve hat den DHC-Titel auf der To-do-Liste.

Foto: RP/HORSTMUELLER GmbH

Hohe Qualität bei großer Leistungsdichte. Davon leben Spitzenteams. Aber auch in der Hockey-Elite gibt es die ganz besonderen Spielerinnen, deren Begabungen nicht erlernbar sind, die bestimmte Fähigkeiten exklusiv haben. Elisa Gräve ist eine von ihnen. Die Erfolge der DHC-Frauen in den vergangenen Jahren sind eng mit dem Namen der Oberkasselerin verbunden.

Das Tempodribbling mit Zug zum Tor, ohne dass „Elli“ den Blick für die Mitspielerinnen verliert, ist der größte Trumpf der 25-Jährigen. „Mag sein, dass es diese Fähigkeiten nicht so oft gibt, dafür habe ich aber auch lange trainiert“, sagt die gelernte Stürmerin, die je nach taktischer Ausrichtung und personeller Notwendigkeit auch aus der Abwehr und dem Mittelfeld für Druck sorgt. „Mein Spiel könnte noch variabler sein, aber es macht ja auch Spaß, sich ständig zu verbessern.“ Wofür sie beim DHC viele Freiräume hat. „Wir haben eine extrem starke Mannschaft, die die Stürmer immer wieder ins Spiel bringt“, betont Gräve die Güte des Kaders. „Man kann kreieren, verrückte Dinge machen und auch schon mal Risiken eingehen.“

DHC-Gewächs trägt seit
20 Jahren das blau-rote Trikot

Trainer Nico Sussenburger hat die temperamentvolle Allrounderin immer darin bestärkt, Neues zu wagen, sich auszutesten. Das ehrgeizige DHC-Gewächs, das seit 20 Jahren das blau-rote Trikot trägt, dankt es dem Coach mit Leistungen auf konstant hohem Niveau. „Die einstmals ,kleine‘ Elli ist von einer guten Spielerin in der 2. Liga zu einem wichtigen Baustein in einer Spitzenmannschaft der ersten Liga und zur Nationalspielerin gereift“, erzählt Sussenburger. „Elli ist sowohl sportlich als auch menschlich eine feste Größe im Team. Sie ist eine der Spielerinnen, von denen man weiß, was man bekommt.“

2019 als beste Spielerin in
der Endrunde ausgezeichnet

Das klingt nach permanentem Aufwärtstrend. Weit gefehlt. Elisa Gräve hat in den letzten drei Jahren ein Auf und Ab durchlebt, für das andere Spielerinnen ein ganzes Sportlerleben benötigen. 2019 schrieb sie Düsseldorfer Sportgeschichte, als sie mit dem Düsseldorfer HC den zweiten Meistertitel in der Halle errang und als beste Spielerin der Endrunde ausgezeichnet wurde. Ihren Beitrag steuerte sie auch zum Gewinn der Deutschen Feldhockey-Meisterschaft in diesem Jahr bei, musste aber aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs bei den entscheidenden Spielen ebenso zuschauen wie bei den Olympischen Spielen in Tokio. „Ich hatte fünf Jahre auf Olympia hintrainiert, das war mein Kindheitstraum. Er war zum Greifen nahe. Umso weher hat es getan, nicht dabei zu sein. Und es tut immer noch ein wenig weh.“ Pflaster für ihren Seelenschmerz fand sie im Team, vor allem aber bei ihren Eltern, die ihre glühendsten Fans sind. Der ein oder andere nationale und internationale Titel könnte den Restkummer endgültig ausräumen. „Die Mädels haben sich die Deutsche Meisterschaft auf dem Feld hart erkämpft, es wäre schön, wenn wir es beim nächsten Mal nicht mehr so spannend machen.“

Der Titel steht auf der To-do-Liste, ist aber beileibe kein Selbstläufer. Die Konkurrenz aus Mannheim und Harvestehude spielt auf ähnlichem Level. „Wir wollen oben mitspielen, um uns dann mit starken europäischen Teams messen zu können. Das wäre auch so ein Traum von mir. Gegen die Besten aus den Niederlanden und Spanien zu spielen, kann dem eigenen Spiel noch einmal eine neue Richtung geben und es mit neuen Elementen bereichern.“ Elisa Gräve weiß nicht erst seit ihrer sportlichen Berg- und Talfahrt, wie wichtig Bodenständigkeit ist. Überheblich? Nein! Selbstbewusst? Ja! Den jungen Spielerinnen lebt sie Demut vor. „Sie ist offen und unvoreingenommen“, sagt eines der zahlreichen Talente im Kader. Elisa Gräve hat als Küken im Team selbst erfahren, dass die Etablierten den Nachwuchs nicht zwangsläufig mit Kusshand empfangen.

Der sportliche Zeitplan mit bis zu acht Einheiten wöchentlich in Vereins- und Nationalmannschaft ist eng getaktet. Die Promotion, in deren Rahmen Elisa Gräve ein Praktikum im Jugendleistungszentrum der Fortuna absolvierte, fordert das ganze Organisationstalent der angehenden Psychologin. Nach dem Abschluss wird „Dr. Elisa Gräve“ den Schläger noch nicht an den Nagel hängen. Die gegnerischen Abwehrreihen werden sich auf weitere unruhige Zeiten einstellen müssen.

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