Tatort Düsseldorf-Wehrhahn: Warum das Verfahren eingestellt wurde Ein Anschlag ohne Aufklärung

KARLSRUHE. · Zwei Jahrzehnte nach einem Rohrbomben-Anschlag auf eine Gruppe Sprachschüler in Düsseldorf ist fraglich, ob der Verantwortliche jemals gefunden und zur Rechenschaft gezogen wird. Ein lange als Attentäter verdächtigter Mann aus der rechten Szene ist seit Donnerstag rechtskräftig freigesprochen.

 Blutiger Tatort: Das Archivbild zeigt Rettungskräfte bei der Versorgung von Verletzten vor dem S-Bahnhof Wehrhahn im Sommer 2000.

Blutiger Tatort: Das Archivbild zeigt Rettungskräfte bei der Versorgung von Verletzten vor dem S-Bahnhof Wehrhahn im Sommer 2000.

Foto: dpa/Christian Ohlig

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte ein Urteil des Düsseldorfer Landgerichts, das 2018 in einem späten Prozess auf Freispruch entschieden hatte, weil gegen den heute 54-Jährigen am Ende eindeutige Beweise fehlten. (Az. 3 StR 124/20).

Der Attentäter hatte die Rohrbombe am S-Bahnhof Wehrhahn an einer Fußgängerbrücke in einer Plastiktüte versteckt und am Nachmittag des 27. Juli 2000 ferngezündet. In diesem Moment waren die teils jüdischen Sprachschüler aus Russland, der Ukraine und Aserbaidschan dort auf dem Heimweg vom Unterricht. Zehn der Opfer wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Eine 26-Jährige, die im sechsten Monat schwanger war, verlor durch einen Splitter ihr Kind.

Der Rechtsextremist, der nur 500 Meter entfernt wohnte, war damals schnell in Verdacht geraten - auch weil er direkt gegenüber der Sprachschule einen Militaria-Laden hatte. Aber 2002 musste die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Erst Jahre später, als ein früherer Mithäftling behauptete, der Mann habe ihm die Tat gestanden, nahmen die Ermittlungen wieder Fahrt auf.

Im Prozess gab es viele Indizien, die gegen ihn sprachen: Ex-Freundinnen sagten aus, er habe Ankündigungen gemacht. Bei ihm wurde die Bedienungsanleitung eines Fernzünders gefunden. Eine Zeugin wollte am Tatort einen sehr ähnlichen Mann auf einem Stromkasten sitzen gesehen haben. Aber der Angeklagte stritt alles ab, und es gab keine eindeutigen Spuren oder Beweise. Zeugen konnten sich nach der langen Zeit kaum erinnern oder verwickelten sich in Widersprüche. Das war den Richtern zu wenig, sie entschieden auf Freispruch.

BGH stellte einen Freispruch
ohne Rechtsfehler fest

Dieser Freispruch sei auf rund 100 Seiten rechtsfehlerfrei begründet, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer bei der Urteilsverkündung. Die Beweiswürdigung sei grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Ergebnis hinzunehmen - selbst in Fällen, in denen ein anderer Schluss nähergelegen hätte. Lücken oder Fehlschlüsse konnten die obersten Strafrichter nicht ausmachen.

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