Zeitgeist: Der jüngste Düsseldorf-Patriot

Georg Lanze (26) fühlt sich zu jung für Jonges und Co. Er findet neue Wege, Heimatliebe zu leben.

Düsseldorf. Schützen, Brauchtum und Heimatvereine klagen unisono über Nachwuchssorgen. Wachsen in Düsseldorf etwa keine Lokalpatrioten mehr nach? Doch, sagt einer, der’s wissen muss: Georg Lanze (26) - flammender Düsseldorf-Verehrer.

"Wir haben sogar überdurchschnittlich viele", glaubt er. "Selbst Zugezogene werden ganz schnell lokalpatriotisch." Nur: Vereinsmeier sterben aus. Georgs Kohorte zelebriert nicht an schummerigen Stammtischen die Liebe zur Stadt. Sie will die Stadt selbst liebenswerter machen.

Georg ist "ursprünglichst" aus Düsseldorf. "Mein Vater kommt aus Westfalen - was ich gern verschweige." Aber die Familie seiner Mutter habe nachweislich jahrhundertealte Wurzeln in der Stadt.

Der kleine Georg war eines der seltenen Kinder, die der Stadtgeschichte im grundschulischen Sachkundeunterricht mit glänzenden Augen folgen, er verschlang Bücher über die Schlacht von Worringen - und begann ganz selbstständig ohne elterlichen Einfluss, Köln zu hassen.

1999 gründete Georg mit Freunden die "Fanatics", einen Fortuna-Fanclub, der in Glanzzeiten mit 50 Autos zu jedem Auswärtsspiel anrollte. Die fußballpolitische Ausrichtung: "Gegen Extremismus, für Stimmung", erklärt Georg.

Mit der Fortunaliebe wuchs natürlicherweise seine Altbierliebe - für deren Kultivierung hat er im Netz eine eigene Seite angelegt, die innerhalb einer Woche auf Platz 1 auftauchte, wenn man "Altbier" googelte.

Und auch die Lust zum Austausch wuchs in ihm. Aber Jonges und Co schreckten ihn ab. "Da würde ich sicher Mitglied werden - wenn es dort mehr Junge gäbe." Am "Generationenbruch" schuld sei der Zeitgeist. "Lokalpatrioten heute sind lockerer", glaubt Georg.

Deshalb rief er 2002 die "Düsseldorf Community" ins Leben - ein digitales Forum für Gebürtige, Zugezogene und Durchreisende. 40000 bis 50000 Zugriffe pro Monat hat die Internetseite. Wer immer eine neue Band kennt, eine neue Bar oder ein hübsches Event, tut sein Wissen dort kund. Aber es wird auch politisiert.

"Ich selbst lese sämtliche Presse der Stadt, eigne mir alles an, was es über Düsseldorf zu wissen gibt", sagt Georg. Unter dem Decknamen "Schosch" ist er omnipräsent - ob es um die Frage nach dem besten Rapper der Stadt, dem Sinn des Kö-Bogens oder einer möglichen weiteren Kandidatur von OB Erwin geht.

Die jungen Stadtverliebten wollen aber nicht nur über Düsseldorf reden. Sie wollen es verändern, verbessern. "Vor allem wollen wir verstärkt lokale Künstler pushen", sagt Georg. Wohlgemerkt: Das alles tut der 26-Jährige neben dem Job als Mediengestalter und einer Fortbildung in Köln. "Aber gerade dort habe ich so oft mit Leuten zu tun, die glauben, außer Kö und Snobs hätten wir nichts." Klar: Das kann er auf Düsseldorf nicht sitzen lassen.

Das "Connected Open-Air"-Festival auf dem Campus hatte 2007 Premiere und Erfolg, soll wiederholt werden. Die Community startet eine eigene Partyreihe in einem Altstadtclub, auch ein "DC"-Stammtisch soll regelmäßig stattfinden und die Düsseldorfer Jugend vernetzen.

Mit einer eigenen Modekollektion können die Lokalpatrioten sich bald anderen direkt als solche zu erkennen geben. "2008 wird ein spannendes Jahr", freut sich Georg. Andere Pläne verbannt er noch in die Zukunft. Noch: Irgendwann will er einen Altbierversand im Internet gründen. Ein gewisser globaler Anspruch gehört offenbar auch zur modernen Heimatliebe.

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