Wir sind Helden — nicht nur Händler
Heldenverehrung hat viel mit Zeitgeist zu tun. Antje Kahnt sucht für ihre Büchern nach besonderen Frauen und Männern aus Düsseldorf — und ist fündig geworden.
„Händler und Helden“ nannte der berüchtigte deutsche Kultursoziologe und Ökonom Werner Sombart 1915 ein Buch, in dem er seinen Rassismus nicht mehr wie zuvor gegen Juden, sondern nun gegen die Engländer als Kriegsgegner richtete. Deren profitgierige Krämerseele sei der deutschen Heldennatur weit unterlegen, schwadronierte der spätere Hitler-Anhänger darin — nun, die Zeitläufte wollten Sombart da nicht recht folgen. Die Stadt Düsseldorf wiederum dürfte im übrigen Deutschland, was das Image anbelangt, bis heute eher zum Händler- als zum Helden-Lager zählen. Am Beispiel Sombart sieht man, dass dies vielleicht gar nicht so schlimm ist. Mal ganz abgesehen davon, dass Helden und ihre Verehrung auch problematisch sein können. Oder furchtbar.
Trotzdem (oder gerade deshalb) lohnt die Suche nach echten, guten Helden in Düsseldorf. Auch wenn es porentief reine und vollkommen unumstrittene Protagonisten kaum gibt. Unser Fotomotiv Batman zum Beispiel findet seit 1939 neben unzähligen Fans auf der ganzen Welt immer wieder auch Kritiker wie Umberto Eco, die in der Fledermaus-Figur vor allem den Rächer und Milliardär sehen.
Jenseits solcher Superhelden halten wir uns lieber an Antje Kahnt. Sie hat 2016 das schöne Büchlein „Düsseldorfs starke Frauen“ im Droste-Verlag mit 30 prägnanten Porträts veröffentlicht (im Herbst kommt es als Taschenbuch auf den Markt), nächstes Jahr lässt sie das Männer-Pendant folgen. Sie muss es also wissen, beschäftigt sie sich doch seit Jahren mit besonders anständigen, mutigen, engagierten Bürgern in Geschichte und Gegenwart.
Ja, wer war, wer ist ein Held, eine Heldin aus unserer Stadt? Gerade hat der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung vorgeschlagen, Campino das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Und zwar dafür, dass der Toten-Hosen-Frontman bei der unsäglichen Echo-Verleihung die grotesken und antisemitischen Texte zweier Rapper anprangerte. Nun, es besteht Hoffnung, dass dieser Plan nicht weiterverfolgt wird und/oder falls doch, dass es Campino selbst ein bisschen zu viel der Mainstream-Ehre werden könnte. Und er es mit den großen Düsseldorfer Kom(m)ödchen-Gründern Lore und Kay Lorentz hält, die 1976 das ihnen angetragene Bundesverdienstkreuz mit den schönen Worten von sich wiesen, man wolle das Kreuz der Regierung nicht haben, sondern es sein.
Zurück zu Antje Kahnt. Sie sieht den Fall Campino ein bisschen anders, sie ist ein großer Fan von ihm. Noch mehr am Herzen liegt ihr freilich, bewundernswerte Persönlichkeiten hervorzuheben, die „man nicht ständig auf dem Schirm hat“. Zum Beispiel Sophie von Sachsen-Lauenburg (circa 1425-1473), die vergessene „Retterin von Düsseldorf“, die zunächst durch eine späte Mutterschaft doch noch einen Thronerben gebar und so verhinderte, dass Düsseldorf unter die Fuchtel des Kölner Erzbischofs kam und sich wohl nie so prächtig entwickelt hätte. Und die dann und vor allem sehr geschickt die Regierungsgeschäfte für ihren geistig weggetretenen Mann, Herzog Gerhard, übernahm.