Wilhelm Schadows schöne Frauen auf 384 Seiten

Das Werkverzeichnis von Cordula Grewe zum Düsseldorfer Malerfürsten des 19. Jahrhundert ist ein Standardwerk.

Wilhelm Schadows schöne Frauen auf 384 Seiten
Foto: Schweinfurt, Museum Georg Schäfer

Oh, wie wunderschön sind Wilhelm Schadows Frauen. Der Berliner Maler, Jahrgang 1788, schlich sich mit 22 Jahren erstmals ins Herz der Hohenzollern, als er die kultisch verehrte Königin Luise posthum malte. Zwei Jahre später, 1812, lieferte der Frühbegabte mit dem Bildnis der Prinzessin Marianne von Preußen sein erstes wahres Meisterwerk: ein zauberhaftes, genau beobachtetes Lockenköpfchen, aber zugleich ein idealisiertes Gesicht mit fein geformten Lippen und leicht geröteten Wangen.

400 Taler zahlte ihm der preußische Kultusminister für sein Atelier, wo er seine ersten Studenten ausbildete. Mit ihnen zog er 1826 ins verschlafene Düsseldorf, leitete die Kunstakademie und begründete die Düsseldorfer Malerschule. Derlei Fakten belegt das erste Werkverzeichnis zu diesem genialen Porträtisten.

Das Buch ist Cordula Grewe zu verdanken, die über Schadow promovierte und nun Professorin an der Indiana University Bloomington ist. Sie gilt als Botschafterin für die ältere deutsche Kunst in den USA. Herausgeberin des 384 Seiten starken, glanzvollen Bandes sind Bettina Baumgärtel vom Museum Kunstpalast und Hans Paffrath, dessen Galerie an der Königsallee den 150. Geburtstag feiert.

Werkverzeichnisse können schrecklich dröge sein. Dieses Buch ist es nicht. Es listet nicht nur die Gemälde und die dazu gehörenden Papierarbeiten auf, sondern schildert zugleich die Zeitgeschichte und die Entwicklung Düsseldorfs zur Kulturmetropole. Schadow holte Felix Mendelssohn Bartholdy an den Rhein und ließ den städtischen Musikdirektor in seinem Haus wohnen. Karl Immermann machte das Theater zur Musterbühne. Und Schadow selbst hielt nichts vom akademischen Schlendrian, sondern konzipierte eine dreistufige Ausbildung mit Elementar-, Vorbereitungs- und Meisterklasse, so dass er den Grundstein für den Ruhm der Akademie legte.

Cordula Grewe erklärt: „Schadow war ein Mann mit vielen Fähigkeiten und Talenten, ein begnadeter Lehrer, erfolgreicher Akademiedirektor, produktiver Kunstschriftsteller und kluger Theoretiker. Vor allem aber war er ein faszinierender Maler.“ Seine Meisterwerke würden „sinnlichen Genuss und intellektuelle Freude“ verheißen. Als Glanzstück der Berliner Porträtkunst gilt „Prinzessin Marianne von Preußen in altdeutscher Tracht“. Der 24-jährige Maler war noch unbefleckt von Theorien zur sittlich-moralischen Vorbildfunktion der Kunst. Die Sympathie im Verhältnis von Maler und Modell springt aus diesem Gesicht, das der Maler mit einem riesigen, weißen Kragen rahmt.

Ein anderes Paradebeispiel ist Elise Fränkel, Tochter des befreundeten Berliner Bankiers Joseph Fränkel, die er als „Poesie“ (1827) preist. In diesem letzten Berliner Bild vor seinem Abgang an den Rhein demonstriert er in dieser zauberhaften Frau seine Vorstellung von der Einheit des Natürlichen mit dem Ideal.

Philosophen wie Hegel meckerten über Schadows naturalistischen Idealismus vor allem bei „Mignon“ (1828). Das störte den Maler längst nicht mehr. Die Porträtierte, Constanze Le Gaye, verheiratete Dahn, später Geliebte des bayrischen Königs Ludwig I., war zu Schadows Zeit ein dreizehnjähriges Wunderkind. Sie wurde eine herausragende Schauspielerin. Schadow zeigt sie in graziler Eleganz und jugendlicher Unschuld. Das Porträt gilt als Schlüsselwerk seiner Kunst.

Doch manches Schicksal endete traurig. Das gilt für Prinzessin Wilhelmine Luise von Preußen. Als sie 1830 Modell saß, war sie die erste Dame am Platz, Ehefrau des Prinzen Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen, der als Statthalter des Preußenkönigs im Schloss Jägerhof saß. Sie war wie ihr Mann an der Kunst interessiert. Schadow demonstriert ihren Charme und ihren Schick mitsamt flauschigem Pelzkragen. Doch sie wurde nervenkrank und landete in Schloss Eller, während ihr Mann nach Berlin zurückkehrte. Sie starb Jahrzehnte nach ihm und wurde 1844 in Rheinstein begraben.

Das Buch enthält viele religiöse und symbolgeladene Werke, die dem heutigen Zeitgeist kaum noch entsprechen.

Cordula Grewe: Wilhelm Schadow. Werkverzeichnis. Herausgeber Museum Kunstpalast und Galerie Paffrath. 384 Seiten, 300 Abbildungen, 69 Euro

smkp.de

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