Wie sich die Pressefotografie verändert hat

Jürgen Retzlaff hat von 1955 bis 1995 für unsere Zeitung fotografiert, Melanie Zanin macht seit fünf Jahren Bilder für uns. Jetzt haben sich die beiden ausgetauscht, wie sich ihre Arbeit unterscheidet.

Wie sich die Pressefotografie verändert hat
Foto: Sergej Lepke

Jürgen Retzlaff besitzt kein Handy und keine Digitalkamera. Eines von beiden hätte er gerne.

Die beiden haben denselben Beruf, doch auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden sie ihn in zwei Welten ausüben. Seine Bilder waren immer schwarz-weiß und mit analogen Kameras aufgenommen, ihre Fotos stammen aus Digitalkameras und sind in aller Regel farbig. Ob die Arbeit des Pressefotografen im 20. und im 21. Jahrhundert auch sonst grundverschieden ist, haben Jürgen Retzlaff und Melanie Zanin jetzt in einer Gesprächsrunde im Stadtarchiv diskutiert. Dort sind noch bis Donnerstag zahlreiche Bilder Retzlaffs aus den Jahren zwischen 1955 und 1995 ausgestellt.

Der Weg zur Fotografie war bei den beiden tatsächlich ähnlich. Sie haben das Handwerk klassisch gelernt und sind dann zur Zeitung gekommen. Auch Zanin weiß, wie man Filme in der Dunkelkammer entwickelt, ist aber sehr froh, dass sie von diesem Wissen nicht mehr Gebrauch machen muss. „Das hat bei uns ein Viertel bis ein Drittel des Arbeitstages ausgemacht“, erzählte Retzlaff. Wenn es abends, kurz vor dem Andruck der Zeitung, schnell gehen musste, gab es ein paar Tricks („näher an die Heizung oder einen Föhn nehmen“), aber auch diese Möglichkeiten waren endlich. Der Rest war Geduld.

Auch im Arbeitsalltag entdeckten die beiden viele Gemeinsamkeiten. Es gibt abends oder morgens Aufträge der Redaktion, dann ist man mit dem Auto kreuz und quer in der Stadt unterwegs, immer auf der Suche nach einer Parklücke, um zum nächsten Fototermin zu kommen. „Wir hatten bei uns eine Tür, an die wir die Strafzettel geklebt haben. Bei manchen Kollegen war die Tür komplett voll, bei mir ging’s noch“, erzählte Retzlaff. „Ich schaffe es tatsächlich ohne Knöllchen“, berichtete Zanin.

Der technische Fortschritt macht den größten Unterschied aus. Retzlaff musste anfangs mit zwölf, später 36 Bildern pro Film auskommen. „Da hat man schon sehr genau überlegt, wann man den Auslöser drückt. Ich hatte den Ruf, sehr sparsam zu sein.“ Zanin schießt mit ihrer Digitalkamera deutlich öfter. „Aber das macht es auch nicht leichter, weil man dann diese große Auswahl hat.“ Und auch wenn sie nicht in Dunkelkammer muss, bleibt auch Arbeit, nachdem sie ihren Favoriten ausgewählt hat. „Wir bearbeiten die Bilder am Computer, um sie zu vollenden.“

In den übrigen Punkten fanden beide Vorteile beim anderen. Karneval nicht in Farbe fotografieren haben zu können, bedauerte Retzlaff sehr, Zanin beneidete ihren Kollegen um die Freiheiten. Wenn früher Prominente Düsseldorf besuchten, kamen die Fotografen ganz nah dran („Wir waren ja nur zu dritt.“) Heute gibt es viel Gedränge, Akkreditierungspflichten und Sicherheitsvorkehrungen.

Eine Digitalkamera hätte Jürgen Retzlaff schon gerne, weil diese mehr Möglichkeiten bietet und ihm die Entwicklung erspart. Ein Handy möchte er dagegen nicht haben. „In meinen letzten Berufsjahren gab es den Versuch, mir so ein großes Telefon zu geben. Ich habe dann gesagt: Wenn ich dieses schwere Ding mitnehme, muss ich einen Teil meiner Kameras hierlassen. Die Redaktion hat sich dann für die Kameras entschieden.“

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