Düsseldorf Wie die Berliner Mauer an den Rhein kam

Die Firma Remex bereitete nach der Wende 100 Kilometer der Berliner Mauer auf. Zwei Elemente hat sie aufgehoben.

Düsseldorf. Von der Berliner Mauer ist mehr erhalten geblieben als nur die East-Side-Gallery am Berliner Spreeufer. Über die ganze Welt sind Mauersteine oder gar ganze Betonelemente verteilt. Auch im Düsseldorfer Hafen stehen zwei von ihnen — versteckt auf dem Vorplatz der Firma Remex an der Hamburger Straße. Im Internet werden einzelne Mauerelemente teuer gehandelt. 5000 Euro kostet dort beispielsweise ein unscheinbares und graues Element, bis zu 22000 Euro kostet ein originales und mit Graffiti aus der Wendezeit besprühtes Element. Die Firma Remex hat die beiden Elemente jedoch nicht erworben, sondern einfach aufgehoben.

Zusammen mit zwei Partnern hatte das auf Baustoffe spezialisierte Unternehmen nach dem Fall der Mauer den Auftrag vom Verteidigungsministerium erhalten, die Berliner Mauer in ihre Einzelteile zu zerbrechen und den Schutt aufzubereiten. Nach gut zwei Jahren Arbeit waren 70 000 Elemente der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze geschreddert. „Dazu wurde damals eine spezielle Maschine entwickelt“, erklärt Berthold Heuser, Prokurist der Firma im Düsseldorfer Hafen. Er hat alte Dokumente und Fotos aufgehoben, die Näheres über den damaligen Auftrag verraten.

Die Mauerelemente lagerten nach der Wende bereits gesammelt an verschiedenen Orten im Stadtgebiet. Begonnen wurde mit den Arbeiten in Berlin-Pankow. Alleine 70 000 Tonnen Mauerreste lagerten dort, jedes etwa 3,6 Meter hoch, 1,20 Meter breit und 2,5 Tonnen schwer. Mit einem mit einer Spezialschere ausgestatteten Hydraulikbagger wurden die Elemente zunächst zerkleinert und anschließend mit einem Schlagwalzenbrecher geschreddert. Das nahm pro Element nicht einmal 25 Sekunden in Anspruch. Ein Magnetschneider trennte anschließend Stahl von Beton. Zwölf Mitarbeiter waren auf der Baustelle beschäftigt. Zusammen zerkleinerten sie so rund 100 Kilometer der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Insgesamt war die Berliner Mauer etwa 160 Kilometer lang.

Der Großteil des so gewonnenen Bauschutts wurde direkt wiederverwendet. Und zwar im Straßenbau, als Schotter unter der Asphaltschicht. „Wer sich heute also dem Checkpoint Charlie nährt, läuft womöglich über Mauerreste“, sagt Heuser. Doch nicht alle Elemente landeten damals im Brecher. „Ein paar Elemente haben die Kollegen damals verwahrt“, sagt er. In der Firmenzentrale in Recklinghausen sind diese Elemente bis heute eingelagert.

Zwei Elemente haben jedoch bereits im April 2008 ihren Weg nach Düsseldorf gefunden. „Wir wollten die Mauer damals nicht einfach verstauben lassen“, erinnert sich Heuser. Zusammen mit dem Meerbuscher Künstler Reimund Franke wurden zwei Elemente zu einem Kunstwerk verarbeitet — und eben das steht vor dem Firmengebäude im Hafen.

Versteckt liegt das kleine Denkmal zwischen der Einfahrt zum Firmengelände zur Linken und der hohen weißen Wand einer Lagerhalle zur Rechten. Nur ein kleines Schild am Fuß des größeren Mauerelementes weißt auf die Arbeit hin und verrät auch den Titel des Kunstwerkes. „Aufbruch“ hat es Künstler Franke genannt. Die Graffiti auf den beiden Elementen sind originale Kunstwerke aus der Zeit der Wende. Künstler Franke entwarf drei kleine Bronzefiguren, die ein Element symbolisch erklimmen. Das zweite ist unterdessen von der damals eingesetzten Hydraulikschere schon angefressen, oben ragt der Stahl heraus.

Für Heuser selbst ist das kleine Denkmal vor seinem Arbeitsplatz etwas Besonderes. „Das ist ein kleines Wahrzeichen“, sagt er. Zwar hat er zur Zeit der Wende noch nicht bei der Firma Remex gearbeitet, verbindet aber doch viele Erinnerungen mit der Mauer. „Ich war damals öfter in der DDR, da hängen Erinnerungen dran.“ 1989 war Heuser 30 Jahre alt. Viele seiner älteren Kollegen haben damals den Auftrag in Berlin mit betreut und arbeiten noch heute in der Firma

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