Kunsthändler Wie der Galerist Max Stern vor den Nazis floh und sein Leben meisterte

Düsseldorf · In einer Tagung wurden das Leben und Wirken des Düsseldorfers, der an der Königsallee lebte, gewürdigt.

 So sah der junge Galerist Max Stern im Jahr 1925 aus.

So sah der junge Galerist Max Stern im Jahr 1925 aus.

Foto: Anonymous - National Gallery of Canada, Library and Archives

Lange Zeit war das Schicksal des Düsseldorfer Galeristen Max Stern (1904-1987) nur wenig bekannt. Doch vor anderthalb Jahren erlangte Stern plötzlich nahezu weltweit Berühmtheit. Die Düsseldorfer Stadtspitze hatte eine Ausstellung über ihn abgesagt, mit der Begründung beteiligte und hoch angesehene Wissenschaftler verprellt und international einen Sturm der Entrüstung bis hin zur New York Times über den Umgang mit möglicherweise als Raubkunst in den Besitz der Stadt gelangten Kunstwerken ausgelöst. Schließlich sagte die Stadt die Absage wieder ab — die Ausstellung soll nun 2020 stattfinden — und kündigte ein Symposium an.

Durch die politische Dimension, die das Thema erlangte, war der Protagonist allerdings in den Hintergrund geraten. Bis jetzt. Denn am Mittwoch wurde das Leben und Wirken von Max Stern in der mit 150 Gästen ausgebuchten Fachtagung im Haus der Universität gewürdigt. Als Referenten traten Studenten der Heinrich-Heine-Universität auf, aber etwa auch Wissenschaftlern des Museums of Modern Art sowie des Metropolitan Museum of Art in New York.

Während einzelne Vorträge auch das Schicksal anderer Galerien oder die Entwicklung der Kunsthändler-Szene in Düsseldorf beleuchteten und zudem ein Schwerpunkt auf der Ermittlung von den mit Max Stern in Verbindung stehenden Raubkunstfällen galt, widmete sich der Berliner Historiker Dieter Vorsteher der Geschichte der Stern-Galerie.

Er stellte dar, dass Julius Stern, der Vater von Max und zwei Töchtern war, quasi als Quereinsteiger und Autodidakt zum Galeristen wurde. Er war Textilunternehmer in Mönchengladbach und nur privat Kunstsammler, der seine Werke allerdings schon versteigern ließ. 1913 eröffnete er seine Galerie und zog mit der 1917 an die Königsallee 23-25. Die Familie wohnte im Untergeschoss, die Galerie war in der ersten Etage. Stern entschied sich laut Vorsteher bewusst für das Umfeld von Kunstakademie, Malerschule, Kunstpalast, aber auch dem Sitz von Stahl- und Chemieindustrie. Wie erfolgreich das Geschäft mit wohl eher traditionell im Bürgertum beliebter Kunst — auch wenn der „Kunstgeschmack“ der Galerie laut Referentin Ute Haug von der Hamburger Kunsthalle noch genauer erforscht werden müsse — war, zeigt, dass Stern 1920 auch noch das Nachbarhaus kaufte.

Vorsteher führte aus, wie gut Stern sein Geschäft etablierte. Er soll ein sehr guter Netzwerker in der Szene der Künstler, der Museen und der Stadt gewesen sein und seine Kundendatei mit mehr als 1000 Einträgen penibel samt besonderer Vorlieben geführt haben.

Während Max im Jahr 1920 mit 16 Jahren laut Vorsteher noch Ingenieur werden und ihm sein Vater sogar eine Fabrik kaufen wollte, änderte sich nach und nach seine Einstellung. Drei Jahre später begann er sein Studium der Kunstgeschichte in Köln, Bonn, Berlin und Wien. Und er gab seinem Vater während der Inflation und einer ersten Krise den Tipp, in Gulden und Dollar abzurechnen.

Nach seiner Promotion und einem Parisaufenthalt begann er nun neben einer seiner Schwestern in der Galerie mitzuarbeiten. Sein Vater warnte jedoch davor, Künstler der Moderne mit ins Angebot aufzunehmen, was Max Stern nach seinen Erfahrungen in Paris gerne getan hätte. Mit Weltwirtschaftkrise im Nacken und – wie Max Stern später sagt – einem Hang zum Puritarismus, der weniger Wandschmuck in Form von Bildern an der Wand zur Folge hatte, setzten der Galerie weiter zu. Deshalb sattelten die Sterns mehr und mehr auf Auktionen im Breidenbacher Hof und im Park-Hotel um.

Die härteste Prüfung für die Sterns wurden dann allerdings die Nazis, die schon 1933 den Kunsthandel der Familie verboten, der faktisch allerdings bis 1937 weiterlief, auch über die gegründeten West-Galleries zunächst in Holland, dann in London. Nach dem Tod des Vaters musste Max Stern 1934 die Galerie alleine führen und sie 1937 endgültig schließen. Über Paris floh er nach London. Für die Mutter zahlt er die so genannte Reichsfluchtsteuer von mehr als 100 000 Reichsmark.

Es folgten der Verkauf der Immobilien, der Verkauf von Gemälden und eine Auktion von Lembertz in Köln von 228 Werken, wovon nicht verkaufte eingelagert wurden. Stern scheiterte zwei Jahre später damit, die Bilder nach London zu holen. Nach dem Krieg wurde Stern für diesen „Verschleuderunsgschaden“ nach zahlreichen Prozesse im Jahr 1964 entschädigt.

Nachdem die West-Galleries geschlossen hatten und nach kurzer Internierungszeit auf der Isle of Man konnte Stern nach Kanada auswandern, wurde dort zunächst allerdings wieder interniert und als Holzfäller verpflichtet.

Nach und nach arbeitete sich Stern dann wieder sehr erfolgreich zurück in sein Berufsleben und setzt schließlich doch noch auf die Moderne — und zwar auf Gegenwartskünstler aus Kanada, mit denen er sogar Exklusivverträge abschließen kann. Stern stiftet mit seiner Frau zahlreiche Werke und hinterlässt sein Erbe Universitäten in Montreal und Jerusalem.

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