Karneval Wegen Saufexzessen - Streit um Karnevalskultur entbrannt

Kölns OB Henriette Reker und der Schriftsteller Navid Kermani sorgen sich um die Bedeutung des Karnevals und kritisieren die extremen Trinkexzesse. Der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval weißt die Vorwürfe zurück.

 Ein Karnevalist entledigt sich seiner leeren Flaschen. Symbolbild.

Ein Karnevalist entledigt sich seiner leeren Flaschen. Symbolbild.

Foto: Friso Gentsch

Köln. Der Schriftsteller Navid Kermani (50) hält die in jüngster Zeit viel diskutierten Exzesse im Kölner Karneval für ein Wohlstandsphänomen. „Ich glaube, jeder ältere Kölner wird bestätigen können, dass der Karneval kurz nach dem Krieg eine ganz andere Bedeutung hatte als jetzt, auch wenn damals viel weniger Alkohol getrunken und viel weniger Aufwand getrieben wurde“, sagte der vielfach ausgezeichnete Autor der Deutschen Presse-Agentur.

„Aber es hatte eben eine Bedeutung, dass man drei, vier Tage im Jahr feiern und die Sorgen vergessen konnte.“ In ärmeren Ländern könne man diese Art des Feierns heute noch erleben. „Aber wenn es jetzt auch noch Sommerkarneval und Kölner Oktoberfest und elften Elften gibt, dann verliert das Feiern seine eigentliche Bedeutung als etwas Besonderes, das vom Alltag befreit. Feiern als Dauerbeschäftigung kommt mir fürchterlich öde vor.“

Dieses Phänomen sei im übrigen keineswegs nur in Köln zu beobachten, sagte Kermani, der seit Jahrzehnten in Köln lebt, aber durch den Dauerkarneval sei es besonders präsent. „Wenn nur noch eine Verballermannisierung stattfindet, wenn die Spaßgesellschaft sozusagen durchdreht und es nur noch darum geht, zu grölen und sich möglichst schnell zu besaufen, laufe ich weg.“

Der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn, hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass sich der Karneval in letzter Zeit zum Negativen verändert habe. Diese Kritik habe ihn „extrem geärgert“, sagte Kuckelkorn am Donnerstag in Köln zum Auftakt des Straßenkarnevals. „Es ist geradezu billig, ständig so zu tun, als wäre der Karneval schlecht“, sagte der Ober-Jeck. Karneval stehe auch für soziales Engagement, für Integration, für kleine Feiern in Pfarreien und Schulen, für strahlende Kinderaugen.

„Der Karneval ist gut für Köln und die Menschen“, betonte Kuckelkorn. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte zuvor in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Der Karneval ist in den letzten Jahren - oder eher Jahrzehnten - zu etwas geworden, das eher einem allgemeinen Besäufnis entspricht, als dem, was unsere Karnevalskultur ausmacht.“ dpa

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