Lebensmittel Was machen Supermärkte und Bäckereien mit Ladenhütern?

Düsseldorf · Das Internet bietet neue Möglichkeiten, Nahrungsmittel anzubieten. Betriebe nutzen heute mehrere Wege, Lebensmittel los zu werden, die sie am Ende des Tages nicht mehr verkaufen wollen oder können.

Foodsharing ist eine Möglichkeit, etwas gegen die Verschwendung von Lebensmitteln zu tun.

Foodsharing ist eine Möglichkeit, etwas gegen die Verschwendung von Lebensmitteln zu tun.

Foto: Patrick Seeger

In Frankreich dürfen Märkte per Gesetz seit über zwei Jahren keine Lebensmittel wegwerfen. Sie spenden seither mehr an Wohltätigkeitsvereine, neue Initiativen kümmern sich um die Lebensmittelrettung. Entsprechende Regelungen werden EU-weit diskutiert. Wie gut ist Düsseldorf bereits aufgestellt? Was machen die Läden mit der Ware, die sich nicht mehr verkaufen können oder wollen? Rabattaktionen sind nur eine Möglichkeit. Viele Lebensmittel nimmt die Tafel ab, die Organisation kooperiert mit allen großen Supermarktketten. Aber es gibt auch andere Wege – Brot lässt sich wieder verwerten. Sogenannte Foodsharer nutzen das Internet, holen auf Bestellung ganze Tüten ab.

Brot wird zu Semmelbröseln und landet dann im neuen Teig

Gerade Backwaren büßen rasch ihre Qualität ein. Viele Bäckereien bieten Brot am späten Nachmittag mit Rabatt und Waren vom Vortag zu deutlich günstigeren Preisen an. Aber es gibt auch andere Modelle. Die Bäckerei Hinkel beispielsweise plant lieber zu knapp als für die Tonne, Rabattaktionen gibt es dort nicht. Gegen 17 Uhr ist daher vieles schon ausverkauft, sagt Geschäftsführer Nicolas Biere. Und was übrig bleibt, wird am nächsten Tag grundsätzlich verschenkt, nicht nur an die Tafel: Fertig zusammengestellt in kleinen Tüten, in denen etwas Herzhaftes und etwas Süßes steckt, steht es auch in den Innenstadt-Filialen der Bäckerei bereit. Wer einen entsprechenden Ausweis vorzeigt, beispielsweise Obdachlose von Fifty-Fifty, kann sich ein solches Tütchen holen. Das Angebot werde gut genutzt.

Als zweite Variante verwertet Hinkel das Brot von gestern zum Teil wieder. „Es wird getrocknet und kleingehäckselt, zu einer Art Semmelbrösel“, erklärt Biere. Wieder in Wasser eingeweicht eigne es sich als Beigabe zu einem Roggenmischteig. Maximal drei Prozent eines solchen Teiges bestehe daraus.

Viel Auswahl haben, um Kundenwünschen entgegenzukommen, dennoch wenig wegwerfen – um wirtschaftlich eine Balance zu finden, haben große Supermarkt-Ketten bereits eigene komplexe Systeme entwickelt, die teils sogar die Wettervorhersage automatisiert mit einbeziehen. Rewe beispielsweise schafft es nach eigenen Angaben, dass teils bis zu 99 Prozent der bestellten Waren verkauft wird. Ladenhüter kosten Lagerplatz, Müll entsorgen kostet ebenso. Lebensmittel, die voraussichtlich nicht mehr verkauft werden, werden daher zunächst mit Rabatt angeboten - oder wandern direkt zur Tafel (siehe Interview) und anderen Einrichtungen.

Die meisten Supermärkte arbeiten zudem an weiteren Programmen, haben Kooperationen mit karitativen Einrichtungen oder bieten Pakete an, die Kunden virtuell über Apps wie „Too good to go“ (zu gut, um es wegzuwerfen) sehen und dann vor Ort zu verbilligten Preisen abholen können. Zudem gehen die Unternehmen neue Wege: Die Metro hat sich zum Ziel gesetzt, Lebensmittelverschwendung in den nächsten Jahren im eigenen Unternehmen drastisch zu reduzieren. Nicht nur wird fleißig gespendet, es gibt derzeit Tests zu einem neuen technischen Verfahren, das das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Frische-Produkten wie Fleisch in Echtzeit angibt.

Seit etwa vier Jahren hat sich speziell in Düsseldorf noch eine weitere größere Organisation der Lebensmittelrettung verschrieben: Foodsharing. Die Initiative arbeitet mit etwa 70 Partnern in der Stadt zusammen – neben Supermärkten und Bäckereien auch Imbissbuden, Messen oder Catering-Unternehmen, wie Mitarbeiter Justin Knigge erklärt. Ehrenamtliche Mitarbeiter stehen bereit, um in der Regel zu festen Abholtagen und -zeiten übrig gebliebenes Essen beziehungsweise Lebensmittel zu holen. Wie viel wo zur Verfügung steht, erfahren sie übers Internet. Danach bieten sie ebenfalls virtuell an, was sie geholt haben - zum Beispiel privat bei sich zu Hause. Oder sie bringen das Essen an einen sogenannten Fair-Teiler (eine Art Givebox für Lebensmittel) oder an soziale Einrichtungen. Genauso gut dürfen sie es einfach an Freunde und Familie verschenken.

Über Apps wissen Kunden, wo es kostenlos Lebensmittel gibt

Hauptziel ist, die Lebensmittel kostenlos weiterzugeben und damit zu vermeiden, dass sie im Müll landen. Dafür gab es vor einem Jahr den Umweltpreis der Stadt Düsseldorf. Mittlerweile sind 250 der sogenannten Lebensmittelretter in Düsseldorf aktiv, 666 haben sich auf dem Portal registriert.

Wer mitmachen möchte, kann jeden 3. Donnerstag im Monat zum Treffen kommen, immer um 18.30 Uhr in der Jugendfreizeiteinrichtung V24, Velberter Straße 24, am Düsseldorfer Hauptbahnhof, oder sich für ein eigenes Treffen für Neueinsteiger anmelden unter [email protected].

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