Vom Gesang des ganzen Orchesters

Adam Fischer inszeniert die Symphoniker als musikalische Armee.

Dirigent Adam Fischer dirigiert das schier unsingbare „Lied von der Erde“ in der Tonhalle.

Dirigent Adam Fischer dirigiert das schier unsingbare „Lied von der Erde“ in der Tonhalle.

Foto: S. Lepke

„Das Lied von der Erde“ ist schier unsingbar. Intimste Seelenzustände müssen stimmlich Ausdruck finden. Und die beiden Sänger — ein Tenor und eine Mezzosopranistin — befinden sich dabei vor der musikalischen Armee eines spätromantischen Symphonieorchesters. Der Komponist Gustav Mahler hat Erfahrung mit Singstimmen, sowohl als Wiener Hofopern-Direktor als auch als Urheber vieler Orchesterlieder und Symphonien mit vokaler Beteiligung. Doch bei der Vertonung von Hans Bethges „Chinesischer Flöte“ geraten die Gesangssolisten immer wieder ins problematisch tosende Sturmtief instrumentaler Vollbesetzung.

In legendären Plattenaufnahmen des mittleren 20. Jahrhunderts erweisen sich die damaligen Stars des Genres den Herausforderungen als so gerade gewachsen. Kathleen Ferrier und Julius Patzak unter Bruno Walter oder Christa Ludwig und Fritz Wunderlich unter Otto Klemperer setzten hierbei Maßstäbe. Und selbst diese Jahrhundert-Sänger wirken stellenweise angespannt. Bisweilen fällt die Textverständlichkeit den Besetzungsgewalten zum Opfer.

Aktuell steht „Das Lied von der Erde“ auf dem Programm der Sternzeichen-Reihe mit den Düsseldorfer Symphonikern. Chefdirigent Adam Fischer setzt seinen Mahler-Zyklus mit dem Werk vor, das eigentlich eine verkappte Symphonie ist. Zwei respektable Gesangssolisten schlagen sich wacker: Anna Larsson (Mezzo) und Stuart Skelton (Tenor). Besonders textverständlich singen beide nicht. Wer Bethges freie Nachdichtung der antiken chinesischen Lyrik nicht zufälligerweise auswendig kennt, wird während des Konzerts versucht sein, im Schummerlicht des gedimmten Konzertsaals dem Programmheft genaue Wortlaute zu entnehmen. Dabei verfügen sowohl Larsson als auch Skelton über attraktive Stimmen. Aber Mahler verlangt hier einfach noch einen Hauch mehr als an sängerischer Kapazität zur Verfügung steht.

Umso souveräner treten die Düsseldorfer Symphoniker in Aktion. Fischer und das Orchester finden zu einem farbenreichen Mahler-Klang, facettenreicher als noch beim Start des Mahler-Zyklus’ mit der Siebten Symphonie vor einigen Jahren. Das Lyrische und Gesangliche des Liedes von der Erde kam teilweise wundervoll zum Ausdruck.

Musikalische Glücksmomente bescheren Fischer und die Düsseldorfer Symphoniker seit Beginn ihrer Zusammenarbeit bei der Aufführung der Musik von Joseph Haydn. Ganz köstlich gelingt ihnen die Symphonie Nr. 104, die letzte des Wiener Klassikers. Einmal mehr durchleuchtet Fischer die Partitur und präsentiert Dramatisches wie Kurioses sozusagen auf dem Silbertablett. Pointiert gestaltet er beispielsweise die hinausgezögerte Schlussbildung des Scherzo-Themas.

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