Verwahrloste Kinder in Düsseldorf: Vater muss in Haft

Kollektives Versagen bei der Hilfe für die Familie. Die Mutter kam mit einer Verwarnung davon.

Verwahrloste Kinder in Düsseldorf: Vater muss in Haft
Foto: si

Wie kann es sein, dass eine Familie mit zehn Kindern über Jahre regelmäßig betreut wird und trotzdem völlig aus dem Ruder läuft? Das sollten am Mittwoch drei Betreuerinnen dem Amtsgericht erklären. Sie hatten die Aufgabe, Michaela S. und Leonard S., 30 und 36 Jahre alt, zu unterstützen, weil sie mit dem Nachwuchs völlig überfordert werden. Das endete in einem Desaster, nachdem die Polizei das Haus mit den völlig verwahrlosten Kindern durchsuchte. Inzwischen sind alle in Betreuungsstellen oder bei Pflegefamilien untergebracht.

Bereits seit 2011 wurde die Garather Familie von der Arbeiterwohlfahrt betreut. Zeitweise gab es ein Team mit sechs Mitarbeitern, das sich um das Ehepaar und die Kinder kümmerte. Wie eine 47-jährige Haushaltshelferin berichtete, habe sie allein 30 Stunden im Monat geholfen — beim Putzen, beim Einkaufen und sie sei auch mit beim Kinderarzt gewesen. Von Anfang an sei der schlechte Zustand der Zähne ein Thema gewesen. Die waren völlig schwarz, als 2015 das Jugendamt einschritt und die Kinder in seine Obhut nahm. Warum sich daran trotz der jahrelangen Betreuung nichts geändert hat, blieb unklar.

„Läuse waren immer wieder ein Thema“, berichtete eine Sozial-Pädagogin, die ebenso wie eine Kollegin mit einem Rechtsanwalt als Zeugenbeistand zu dem Prozess erschien. Es seien sogar mehrfach Mitarbeiter von Läusen befallen worden, nachdem sie die Familie betreut hatten.

Die Kinder seien „verhaltensauffällig“ gewesen und mussten wegen sprachlicher Defizite zum Logopäden. „Es gab aber keine Anzeichen für Gewalt“, so die Sozialpädagogin. Vielmehr seien die beiden Angeklagten liebevoll mit ihren Sprösslingen umgegangen, wenn die Helfer im Haus waren.

Am Ende blieben viele Fragen offen. Woher kamen die alten Knochenbrüche, die bei einem Mädchen festgestellt wurden? Oder die menschliche Bisswunde, die Ärzte bei einem ihrer Brüder entdeckten? Und wie konnte das alles passieren, obwohl sich die Arbeiterwohlfahrt um die Familie kümmerte? Zuletzt hatte eine Jugendhilfeeinrichtung die Betreuung übernommen, die ein Familien-Wohnprojekt entwickeln wollte. Das wurde aber auf Wunsch von Michaela S. abgebrochen.

Deutlich wurde, dass die beiden Angeklagten Hilfe gesucht haben. „Überforderung ist nicht strafbar“, meine Rechtsanwalt Lars Horst, der die 30-Jährige vertritt. Trotzdem trugen die Eltern die Hauptverantwortung für das, was mit den Jungen und Mädchen geschehen ist. Die zehnfache Mutter kam am Ende mit einer Verwarnung davon. Und einer Geldstrafe, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Anders lag der Fall bei Leonard S., der bereits wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist. Er wurde vom Gericht zu einer Haftstrafe von 16 Monaten verurteilt, die er auch absitzen muss.

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