Unterbacher See: „Die Gäste müssen auch selbst Verantwortung übernehmen“

Der Chef des Zweckverbands Unterbacher See erklärt, welche Konsequenzen aus dem tödlichen Unfall eines Jugendlichen gezogen wurden.

Am 8. Juli sprang ein Zwölfjähriger am Unterbacher See von einem Tretboot und ertrank. Der Zweckverband hat erste Konsequenzen aus dem Unglück gezogen. Der Geschäftsführer Peter von Rappard schildert im Interview, was am Unterbacher See für die Sicherheit getan wird.

Herr von Rappard, Sie haben im Urlaub vom tödlichen Unfall erfahren. Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen?

Rappard: Ich war total schockiert. Ich habe auch überlegt zurückzufliegen, aber was hätte das noch gebracht?

War das der erste tödliche Unfall am Unterbacher See?

Rappard: Es gab vor Jahren einen Unfall, bei dem nachts vier Personen alkoholisiert mit einem Tretboot rausfuhren und nur drei zurückkamen. Jetzt sind die Tretboote nur noch über den neuen Steg zu erreichen und werden nicht mehr auch am Ufer festgemacht. Den Steg sichert zudem ein Tor. Ein weiterer Unfall ist mir nicht bekannt.

Wie ist die Sicherheit am Unterbacher See personell organisiert?

Rappard: Die Fachleute der Deutschen Gesellschaft für Badewesen haben uns empfohlen, einen Rettungsschwimmer pro Strand einzusetzen, das ist uns aber zu wenig. Deshalb sind es morgens zwei pro Strand und drei nachmittags. Am Wochenende sind zudem die DLRG und die Wasserwacht mit fünf bis acht Personen vor Ort. Außerdem haben wir vier Seeaufsichtsboote und die Hafenaufsicht, die Funkkontakt zu den Bädern und zur Patrouille hält und das Gewässer mit dem Fernglas im Blick hat.

Wie kontrolliert die Seeaufsicht den See?

Rappard: Bei viel Betrieb ist ein Boot permanent draußen, bei stärkerem Wind sind auch mehrere Boote unterwegs.

Wo war die Seeaufsicht nach Ihren Erkenntnissen bei dem Unfall?

Rappard: Die Seeaufsicht hat die Jugendlichen bereits vor dem Unfall ermahnt. Sie haben sich unerlaubterweise an dem Ponton für Segler aufgehalten und sind im Boot aufgestanden. Nachdem der Junge nicht mehr auftauchte, haben sofort einige Segler Alarm geschlagen, unsere Aufsicht war dann sofort vor Ort und hat die Rettungskräfte alarmiert. Einer unserer Mitarbeiter ist dann zum Ufer gefahren, um seine Tauchausrüstung zu holen. Er sagt, dass er rund zehn Minuten nach dem Unglück im Wasser war, leider hat er den Jungen nicht gefunden.

Sie haben nach dem Unfall eine Schwimmwestenpflicht für Nichtschwimmer eingeführt. Wie erklären Sie sich, dass Ihre Mitarbeiter bei einem Ortsbesuch der WZ trotzdem nicht nach der Schwimmfähigkeit gefragt haben?

Rappard: Das kann ich mir nicht erklären. Wir haben unsere Mitarbeiter jedenfalls nun noch stärker für das Thema sensibilisiert. Jeder, der ein Tretboot ausleiht, muss darauf angesprochen werden — und wird es jetzt auch.

Viele Eltern haben sich schon vor dem Unfall beklagt, dass Sie für Tretbootfahrten keine Schwimmweste für ihre Kinder leihen konnten. Warum ging das nicht?

Rappard: Wir hatten keine Rettungswesten für kleine Kinder, die sind auch noch gar nicht so lange auf dem Markt. Unsere Segelschüler tragen nur Auftriebswesten. Jetzt haben wir nachgerüstet und zusätzlich rund 50 Rettungswesten für kleine Kinder und rund 60 weitere Auftriebswesten für Jugendliche und Erwachsene angeschafft. Das wird sehr gut angenommen.

Was ist der Unterschied zwischen beiden Modellen?

Rappard: Die Rettungswesten halten den Kopf auch bei einer Ohnmacht über dem Wasser.

Welche Konsequenzen haben Sie außerdem nach dem Unfall gezogen?

Rappard: Die Westen liegen nun für jeden sichtbar in Körben an der Kasse. Ein Schild weist auf die Westenpflicht für Nichtschwimmer hin, ein Piktogramm soll bald darüber aufklären, wie die Weste anzulegen ist. So können das auch Besucher verstehen, die nicht so gut Deutsch sprechen. Unter Zwölfjährige sollen möglichst nur noch in Begleitung eines Erwachsenen auf ein Tretboot.

Sollten Jugendliche nicht grundsätzlich eine Schwimmweste tragen müssen, wenn sie ohne Begleitung eines Erwachsenen rausfahren?

Rappard: Das diskutieren wir. Aber ich weiß nicht, ob das realistisch ist. Bei heißem Wetter werden viele Jugendliche die Weste einfach wieder ausziehen. Und ich halte es für gefährlich, eine Scheinsicherheit zu schaffen und die Leute aus Ihrer Eigenverantwortung zu entlassen. Denn am Ende gibt es keine absolute Sicherheit.

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