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Trotz wachsender Stadt Düsseldorf: Die Zahl der Familien sinkt

Wegzüge : Trotz wachsender Stadt: Die Zahl der Familien in Düsseldorf sinkt

Vor allem hohe Immobilienpreise und Wohnkosten sind Gründe für den Umzug ins Umland.

Christina Preden (37) und ihr Mann Stephan (35) sind beide Gymnasiallehrer in Düsseldorf. Sie arbeiten beide Vollzeit. „Doch ein Haus können wir uns in Düsseldorf nicht leisten“, sagt Christina Preden. Gerne wäre die Familie mit ihren zwei Kindern Emil (3) und Loki (5) in der Stadt geblieben. Ein altes Haus sollte es sein, kein Neubau. Doch mit der Schmerzgrenze von 500 000 Euro sei man nicht weit gekommen. „Die Häuser zu diesem Preis waren in einem indiskutablen Zustand, auch nur mit sehr kleinen Gärten ausgestattet.“ Doch ihr Mann und sie hätten sich sehr danach gesehnt, endlich auch zu Hause draußen sein zu können. Zwar hatte man sich einen Garten in Lörick angemietet, aber die Fahrt von der Wohnung in Unterbilk dorthin und wieder zurück sei immer sehr aufwendig gewesen. Mit Glück tat sich dann eine Möglichkeit in Haan auf, und tatsächlich entschieden sich die Verkäufer für die Düsseldorfer Familie, die im Sommer 2018 aus der Stadt zog.

Die Predens stehen für einen Trend, der so gar nicht zur wachsenden Stadt Düsseldorf zu passen scheint. Denn die Predens sind mit ihrer Entscheidung längst nicht allein. Tatsächlich hat die Deutschland-Studie des ZDF aktuell aufgezeigt, dass Düsseldorf, wie einige andere Großstädte auch, Familien verliert. Es ziehen nämlich mehr von ihnen aus der Stadt raus als zu.

Im Vergleich von 401 Landkreisen und Städten mit Blick auf die Familienfreundlichkeit nach unterschiedlichen Kategorien aufgeschlüsselt landet Düsseldorf sogar auf Platz 25, deutlich vor allen anderen Großstädten Deutschlands. Aber in der Kategorie „Familienwanderer“, in der Zu- und Wegzüge von Personen unter 18 Jahren und zwischen 30 und 50 Jahren ins Verhältnis gesetzt werden, liegt die Landeshauptstadt NRWs nur auf Platz 377. Und passend dazu bei den Wohnkosten auf Rang 351. 29 Prozent ihres verfügbaren Einkommens geben die Menschen demnach in Düsseldorf im Durchschnitt (!) für die Miete aus. Doch die Preise für Eigentum sind noch stärker gestiegen, sie haben sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der Immobilienmarktbericht der amtlichen Gutachterausschüsse hatte für Düsseldorf gerade durchschnittliche Quadratmeterpreise für neue Eigentumswohnungen oder gebrauchte, freistehende Eigenheime (wo dann oft noch horrende Sanierungskosten anfallen) von 5000 Euro pro Quadratmeter ausgemacht. Hinter München Großstadt-Spitzenwerte in Deutschland.

 Der Altbau der Familie Preden in Haan ist von 1914. Ein solches Haus hätte sich die Familie in Düsseldorf nicht leisten können.
Der Altbau der Familie Preden in Haan ist von 1914. Ein solches Haus hätte sich die Familie in Düsseldorf nicht leisten können. Foto: Preden

Quelle für die Daten zur Wanderungsbewegung sind die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Die aktuellsten Zahlen liegen für das Jahr 2017 vor. Während dort 4452 Personen unter 18 Jahren zuzogen, verließen 5084 die Stadt. Bei den 30- bis 50-Jährigen kamen 15 076, es gingen 15 481. Demgegenüber steht eine Zahl von insgesamt 42 499 Zuzügen, aber nur 38 749 Fortzügen.

Investoren kaufen etwa jede zweite Immobilie in Düsseldorf

Dass Düsseldorf zunehmend Familien verliert, stellt Jörg Schnorrenberger schon länger fest. „Das ist ein klarer Trend“, sagt der Vorsitzende des Bezirksverbands des Rings Deutscher Immobilienmakler. Eine Reihe von Gründen führt er dafür auf. So sei Düsseldorf eine Stadt mit sehr vielen Single- und Zwei-Personen-Haushalten. „In der Konkurrenz zu Double-Income-no-Kids haben es Familien, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, schwer. Der Markt ist völlig überhitzt, die Preise sehr hoch.“ Doch noch eine viel massivere Konkurrenz macht sich auf dem Düsseldorfer Immobilienmarkt breit. „Wir vermitteln aufgrund der Niedrigzinsphase mittlerweile bestimmt jede zweite Immobilie an Investoren, die selber gar nicht der Nutzer sein werden.“

Schnorrenberger schlägt vor, dass sich die Politik noch einmal Gedanken machen sollte, wie sie mit dem Handlungskonzept Wohnen auch den Erwerb von Eigentum besser fördern könnte. Hintergrund: Bei einem Neubauprojekt gilt für Investoren, dass 20 bis 30 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert und zehn bis 20 Prozent preisgedämpft realisiert werden müssen. Letzteres heißt: Etwa eine Miete von 9,60 oder Eigentum für 2950 Euro den Quadratmeter. Auf eine noch höhere Anpassung hatte sich die Politik vor zwei Jahren nicht einigen können. „Die bräuchte es aber, sonst wird weiterhin keine einzige Eigentumswohnung preisgedämpft gebaut, die Kosten sind für die Investoren schlichtweg zu hoch“, sagt Schnorrenberger. Er schlägt eine Summe von mindestens 3500 Euro vor. Außerdem könnten Bauherren verpflichtet werden, auch eine bestimmte Quote von preisgedämpften Eigentumsobjekten zu entwickeln. Denkbar sei, dafür bestimmte Zielgruppen zu definieren, etwa also private Nutzer wie Familien mit einer bestimmten Haushaltseinkommensgrenze. Mehr Eigentümer hätten auch zur Folge, dass mehr Verantwortung für eine Siedlung übernommen wird.

Und noch etwas sei dringend geboten, ein besserer öffentlicher Nahverkehr, um die Region besser anzubinden, in die immer mehr Familien ziehen. Vorher mache auch eine Umweltspur keinen Sinn.

Das sieht Christina Preden allerdings anders. „Die Umweltspur ist für Radfahrer super, auch wenn wir sie jetzt kaum nutzen.“ Tatsächlich pendelt sowohl sie (meistens) als auch ihr Mann (immer) mit dem Rad zur Arbeit. Sie fährt die zwölf Kilometer mit einem E-Bike, ihr Mann sogar 17 Kilometer, per Rennrad. „Ich brauche 30, mein Mann etwa 35 Minuten. Das war uns wichtig, dass wir noch mit dem Rad pendeln können.“ In die City gehe es allerdings auch in 20 Minuten mit dem Schnellbus (S 50).

Ansonsten habe sich der Umzug aufgrund des Hauses mit dem schönen großen Garten vollkommen gelohnt. Ein Altbau aus dem Jahr 1914, 145 Quadratmeter Wohnfläche. In Düsseldorf hätte sich die Familie dieses Haus längst nicht leisten können. „Wir sind total glücklich und genießen es in vollen Zügen, auch für die Kinder ist das toll.“