Prozess in Düsseldorf Siebenjähriger stirbt in Klinik: Kinderärzte freigesprochen

Düsseldorf · Das Kind war im Evangelischen Krankenhaus an einem Darmverschluss gestorben. Staatsanwaltschaft will jetzt gegen Chirurginnen ermitteln.

 Die beiden Angeklagten warten mit Rechtsanwalt Jochen Strauß auf den Prozessbeginn.

Die beiden Angeklagten warten mit Rechtsanwalt Jochen Strauß auf den Prozessbeginn.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Am 15. Oktober vor drei Jahren stand Maurice mit seinem Vater an der Pforte des Evangelischen Krankenhauses. Der Siebenjährige war so schwach, dass er getragen werden musste. Um 19.30 Uhr war der Junge tot. Er starb an einem Darmverschluss, der schon früh diagnostiziert wurde. Trotzdem wurde Maurice nicht operiert, obwohl das Kind dann vermutlich überlebt hätte. Am Dienstag mussten sich der der 64-jährige Oberarzt der Kinderstation und seine 31 Jahre alte Assistenzärztin wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. Die beiden Mediziner wurden freigesprochen. Stattdessen will die Staatsanwaltschaft jetzt gegen zwei Chirurginnen ermitteln.

Der Anwalt des Oberarztes erklärte gleich zu Beginn des Prozesses, dass hier „die falsche Person“ auf der Anklagebank sitze. Es sei undenkbar, dass ein Kinderarzt einen Chirurgen anweisen könne, eine Operation durchzuführen. Das sei allein eine Entscheidung des Facharztes.

Das war geschehen: Um 6.30 Uhr war der Vater mit Maurice im Evangelischen Krankenhaus erschienen. Der Junge hatte drei Tage lang nach dem Essen immer wieder gebrochen und konnte selbst nicht mehr laufen. Im Krankenhaus wurde er nicht aufgenommen, sondern zur Notfallaufnahme an der Florastraße geschickt. Dort wurde das Kind erst wegen der langen Wartezeit an einem Samstag erst um 8.45 Uhr behandelt, obwohl im Falle eines Darmverschlusses jede Minute zählt, wie ein Gutachter deutlich machte.

Bereits in der Notfallambulanz vermuteten die Ärzte, dass es sich um einen. Darmverschluss handeln könnte und überwiesen Maurice zunächst an die Kinderchirurgie. Die ließ ihn dann aber zur normalen Kinderklinik verlegen, ohne eine Röntgenuntersuchung durchzuführen. Das wurde erst durch die beiden Angeklagten veranlasst. Um 12.13 Uhr hatte man Gewissheit über die Diagnose. Um 13.40 Uhr sollte Maurice in die Kinderchirurgie der Diakonie nach Kaiserswerth verlegt werden. Doch der Junge war in einem so kritischen Zustand, dass der Transport verweigert wurde.

Später wurde das schwer kranke Kind dann auf die Intensivstation für Erwachsene verlegt, aber immer noch nicht operiert, sondern nur konservativ mit Infusionen behandelt. Um 18.12 Uhr brach der Junge zusammen und wurde bewusstlos. Um 19.30 Uhr wurde der Tod festgestellt.

Wie der Gutachter feststellte, hätte das Kind vermutlich gerettet werden können, wenn um 12.13 Uhr, als die Diagnose fest stand, sofort eine Operation angeordnet worden wäre. Und das hätten die Chirurgen anordnen müssen und nicht die Kinderärzte. Darum gab es für die beiden Angeklagten einen glatten Freispruch. Die beiden Chirurginnen hatten die Aussage verweigert. Noch in der Sitzung kündigte der Staatsanwalt an, die Ermittlungen gegen sie wieder aufzunehmen.

Die Eltern waren nicht in der Lage, an dem Verfahren teilzunehmen. „Das wurde eine ganze Familie zerstört“, erklärte ihr Rechtsanwalt zum Abschluss. Mutter, Vater und die Schwester von Maurice befinden sich in psychologischer Behandlung. Gegen den Freispruch der Kinderärzte wandte er sich nicht. Es gebe aber offenbar große Probleme bei der Zuständigkeit im Evangelischen Krankenhaus.

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