Theater für angehende Ärzte

Mit Hilfe von Profi-Schauspielern lernen künftige Mediziner, wie sie mit Patienten umgehen können – auch in kniffligen Situationen.

Düsseldorf. Dr. Stephan Schneeweiß hat Zweifel, ob die Geschichte, die ihm Jenny Gröger auftischt, tatsächlich wahr ist. Angeblich ist die 29-Jährige beim Fensterputzen von der Leiter gestürzt und hat sich dabei den Arm verletzt.

Für ihren Arbeitgeber will sie nun eine Krankschreibung haben - und ist heulend zu Dr. Schneeweiß in die Ambulanz gekommen. Ihr blaues Auge spricht allerdings gegen einen Putzunfall. Der Mediziner vermutet einen Fall von häuslicher Gewalt.

Alles nur gespielt: Schneeweiß (35) ist gar kein Arzt, sondern als Student im siebten Semester erst auf dem Weg dorthin. Seiner Patientin geht es bestens, vermöbelt wurde sie nicht, sondern von der Uni-Klinik für ihren Auftritt angeheuert.

In Wirklichkeit heißt sie Melanie Arnold (29) und spielt im Theater an der Luegallee. Die verdroschene Frau mimt sie verblüffend gefühlsecht - mit zittriger Stimme und reichlich Theaterschminke -, Zuschauer müssen den Kloß im Hals erst einmal runterschlucken.

Die Schauspielstunde mit der Simulantin ist aber kein Spiel, sondern seit diesem Jahr fester Bestandteil des Medizinstudiums. "CoMed", Kommunikation in der medizinischen Ausbildung, heißt die Lerneinheit, die von der Abteilung für Allgemeinmedizin und dem Institut für Psychosomatische Medizin entwickelt wurde.

Nahziel der Übung: "Die angehenden Mediziner sollen lernen, angemessen, respektvoll und einfühlsam mit Patienten umzugehen", sagt Studiendekanin Prof. Dr. Ritz-Timme. "Kommunikation ist entscheidend für den Therapieerfolg."

Langfristig sollen Angebote wie das Gesprächstraining das Ausbildungsniveau steigern, das bisher eher einen mittelprächtigen Ruf hatte. "Wir sind angetreten, Exzellenz in die Mediziner-Ausbildung zu bringen", sagt Ritz-Timme, die auch Direktorin der Uni-Rechtsmedizin ist.

Fälle von häuslicher Gewalt sind in ihrer Ambulanz an der Tagesordnung, der Fall von Schauspielpatientin Arnold/Gröger ist von daher alles andere als konstruiert. Auch zwei weitere praxisnahe Themenfelder werden geübt.

Überbringen schlechter Nachrichten und der Umgang mit aggressiven und fordernden Patienten. Die Kurse schließen mit einer Art Prüfung ab, bei der die angehenden Mediziner vier unterschiedliche Gesprächssituationen durchexerzieren müssen. Alle nur gespielt, versteht sich.

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