Theater an der Kö: Das Abenteuer begann vor 15 Jahren

René Heinersdorff holt die Bundesliga der Schauspieler an die Kö.

Düsseldorf. Theaterleiter, Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Schauspieler - als René Heinersdorff 1994 das Theater an der Kö gründete, vervielfachte er die Zahl seiner Berufe. Denn vom Theaterbetrieb allein konnte er nicht leben: "Es sind am Ende einer Spielzeit nie mehr als 30 000 oder 50 000 Euro übrig geblieben. Das Geld haben wir dann in die nächste Saison gesteckt. Trotzdem würde ich das Projekt immer wieder angehen."

1994 habe es in der Düsseldorfer Theaterszene ein Vakuum gegeben, sagt Heinersdorff. "Canaris hatte das Schauspielhaus halb leergespielt, die Komödie beschränkte sich aufs Ensemble-Spiel, die Kammerspiele standen vor dem Ruin." Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte sich Heinersdorff, als das Theater in der Kö-Galerie mit 400 Plätzen fertig war.

Gleich die erste Produktion stellte ihn vor ungeahnte Probleme: "Damals gab es den Fernseh-Boom und es war schwierig, gute Schauspieler zu bekommen." Eigentlich sollte Harald Leibnitz die Hauptrolle in "Ausgerechnet Hamlet" spielen. Doch der sagte für eine TV-Serie ab, sein Ersatz Peter Fricke konnte aus privaten Gründen nicht. Am Ende spielte "Seewolf" Raimund Harmstorf neben Jenny Jürgens. Das erste Stück wurde ein Erfolg.

Das Konzept hat sich in den 15 Jahren nicht verändert: "Mir ist wichtig, dass jeder, der in Deutschland zur Bundesliga der Schauspieler gehört, wenigstens einmal bei mir gespielt hat." Thomas Fritsch und Anja Kruse waren da, auch Martin Semmelrogge, Grit Boettcher, Walter Plathe, Elke Sommer, Gudrun Landgrebe und Jochen Busse.

Nur einer, mit dem Heinersdorff gern gearbeitet hätte, fehlt auf den Besetzungslisten: "Mein großer Wunsch war es, etwas mit Harald Juhnke zu machen. Wir kannten uns vom Fernsehen und er hat mehrfach gesagt, dass er kommen würde. Leider ist nichts mehr draus geworden." Andere waren ganz nah dran. Die Proben mit Horst Buchholz hatten schon begonnen: "Doch wir mussten nach drei Tagen abbrechen wegen seines Alkoholpegels. Wir haben ihn dann ins Flugzeug nach Hause setzen müssen."

Gern gab der Intendant prominenten Seiteneinsteigern eine Chance: "Die Arbeit mit Jürgen von der Lippe hat mit sehr viel Spaß gemacht. Auch Hugo Egon Balder hat mich überzeugt, er ist ein wirklich guter Schauspieler." Aber es gab auch weniger fruchtbare Begegnungen. Bei Tatort-Kommissar Jochen Senf sprang der künstlerische Funke ebenso wenig über wie bei "Fahnder" Klaus Wennemann: Gefragt nach seinem Lieblingsstück, muss Heinersdorff nicht lange nachdenken: "Das war ’Von Zeit zu Zeit’ von Alan Ayckbourne mit Jenny Jürgens."

Tragische Momente hat Heinersdorff nicht nur auf der Bühne erlebt. Im vergangenen Jahr starb Herbert Boetticher während der Proben zu "Gigi". Noch am Abend vor seinem Tod hatte Heinersdorff mit ihm telefoniert: "Wir haben uns lange unterhalten. Dann sagte er, dass es ihm nicht gut gehe." Das Ensemble beschloss, trotz Boettichers Todes weiterzumachen.

Am meisten gerührt haben ihn vor drei Jahren zehn seiner älteren Abonnentinnen. Damals wollte der Regierungspräsident die Aufführung am Karfreitag absagen: "Die zehn Damen sind mit Schirmen gekommen, um mich gegen das Ordnungsamt zu verteidigen." Das war nicht mehr nötig, als Heinersdorff sich dazu entschloss, stattdessen splitternackt auf die Bühne zu gehen und Ostergedichte vorzutragen. Das war dann ernste Kunst und erlaubt.

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