Terrorprozess im Gerichtsbunker

Beim Mammutverfahren treffen Islamisten, Rechtsextreme und Juristen aufeinander — eine brisante Mischung.

Terrorprozess im Gerichtsbunker
Foto: Federico Gambarini

Düsseldorf. Höchste Sicherheitsvorkehrungen einerseits, öffentliche Verhandlung andererseits: Der Prozess um einen versuchten Sprengstoffanschlag im Bonner Hauptbahnhof vom Dezember 2012 und ein versuchtes Attentat auf den Vorsitzenden der als rechtsextrem eingestuften Partei Pro NRW vom März 2013 bedeutet für das Düsseldorfer Oberlandesgericht einen Spagat ohne Gleichen.

Terrorprozess im Gerichtsbunker
Foto: dpa

Am Montag hat die Verhandlung gegen vier mutmaßlich salafistische Angeklagte (24 bis 44 Jahre alt) begonnen. Sie müssen mit Verurteilungen wegen Gründung einer Terror-Gruppe, versuchten Mordes und versuchten Herbeiführens einer Explosion rechnen. Schauplatz des Großverfahrens unter bundesweiter Medienbeobachtung ist der sicherste Saal des Landes, die Außenstelle des Oberlandesgerichts am Kapellweg in Hamm.

Im Saal: sieben Richter, zwei davon als Ersatzbesetzung, acht Rechtsanwälte, Dolmetscher, drei Ankläger, Salafisten und Rechtsextreme. Und natürlich die vier Angeklagten, abgeschirmt von 3,50 Meter hohen Glasbarrieren. Mehrere Gutachter werden später zum Prozess dazu kommen.

Der Raum hat nur eine schmale Reihe Oberlichter. Den Namen Bunker trägt er trotz der betont hellen Ausstattung. Über der Raumdecke liegt die markante Hubschrauberlandefläche des Hauses. Von den Hammer Feldern trennen den Saal eine Reihe massiver Türen mit automatischer Verriegelung und mehrere Drehschleusen: Man kommt nicht nur schwer raus, sondern auch schwer rein. Die Wartezeit vor der ersten Kontrolle erreicht leicht eine halbe Stunde. Kameraleute und private Besucher lassen es geduldig über sich ergehen. Einzeln werden sie zum Metalldetektor vorgelassen. Wachtmeister kopieren Ausweise, röntgen Taschen und kassieren sie gegen Garderobenmarken ein. Es dient dem Schutz aller Beteiligten.

Im Foyer gibt ein Besucher Erklärungen vor laufenden Kameras ab: Er unterstütze den Hauptangeklagten und bekenne sich zum Islam, er stehe in regem Austausch mit dem 27-jährigen Hauptangeklagten. Wenige Meter daneben gehen Mitglieder von Pro NRW entlang, die auch andere Verfahren besucht haben, in denen ihre Partei betroffen war. Plötzlich stehen bewaffnete Beamte der Bereitschaftspolizei in Einsatzmontur im Raum — unaufdringlich, aber präsent.

Eine volle Hundertschaft unterstützt die Justizwachtmeister. Der Kapellweg ist von Einsatzfahrzeugen abgeriegelt, Kamerafahrzeuge filmen das Hin und Her der Besucher. Die einzigen, die sich beinahe frei bewegen können, sind die Juristen. Immer wieder überqueren Anwälte gemessenen Schrittes das Parkett des Saales. Durch Seitentüren gelangen sie ins Foyer oder vor das Haus, wo sie Erklärungen in die Mikrofone sprechen. „Glauben Sie, dass Ihr Mandant ein gefährlicher Salafist ist?“, fragt jemand Anwalt Mutlu Günal. „Es kommt nicht darauf an, was ich glaube“, antwortet der. Ein Anhänger der Angeklagten sagt dazu: „Früher hat man uns Fundamentalisten genannt. Dann Islamisten. Manchmal auch Terroristen.“ Er habe Verständnis dafür, dass sich Muslime auch mit Gewalt wehren. Von Einsicht keine Spur . . .

Der Prozess ist auf 55 Verhandlungstage angelegt.

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