Capitol-Theater Tango mal anders: Heiter, sinnlich, sexy

Düsseldorf · Begeisterung bei Premiere von „Break the Tango“ im Capitol.

 Eine Szene aus „Break the Tango“.

Eine Szene aus „Break the Tango“.

Foto: Rene Tanner

Traurige Musik in düster verhangenen Spelunken? Ein seufzendes Akkordeon und alte, manchmal deprimierende Weisen? Vergessen Sie all’ die Klischees, die Sie mit Tango verbinden! Im Capitol-Theater an der Erkrather Straße tanzen und posen Ballerinen in Hotpants auf Spitzenschuhen, Tangoweltmeister in hautengen Muskelshirts mit wirbelnden Mähnen und zwirbelnden Beinkreisen gehen sogar in die Luft und bieten Tango am Trapez, fast wie Artisten im Variété. Dazu eine Liveband mit einer Sängerin, die klein von Gestalt aber riesig von Stimme ist und mit Songs von Adele und Beyoncé so richtig ans Gemüt geht.

In dieser Show im gut besuchten Capitol-Theater geht’s eben nicht um akademischen Tango autentico – oder das, was man dafür halten mag. Hier heißt’s „Break the Tango“ – ein Titel, mit dem die Macher German Cornejo und Björn Meier ernst machen. Nicht mit der Brechstange, aber doch in zweifacher Hinsicht. Sie brechen den argentinischen Tanz auf – mit athletischen Break-Dancern aus Zürich, Mexiko, Marokko und Korea, die sich unter die Tangovirtuosen mischen. Das Ergebnis: Eine Show, die sicherlich keine Geschichte erzählen will und bei der Puristen beider Genres vielleicht die Flucht ergreifen.

Tempo und Elektropop-Sound stecken einfach an

Nur auf Tanz zu setzen, ist aber eine richtige Entscheidung; denn die handverlesenen Akrobaten elektrisieren und reißen die Zuschauer so mit, dass am Ende keiner sitzen bleibt. Johlen und Wippen im Rhythmus in allen Reihen. Das rasante Tempo und der eingängige Elektropop-Sound stecken einfach an. Außerdem: eine Vielfalt von Sängern, Musikern, wild flirtenden Tanzmeistern aus Buenos Aires und Breakdance-Athleten tanzen und singen sich die Seele aus dem Leib und faszinieren. Die Ovationen nehmen erst ab, wenn die Crew mit Zugaben auf die Capitol-Bühne zurückkommt. Aber: Keine Panik, Tanzfans! Die Show ist noch nicht zu Ende, sie läuft noch bis Sonntag.

Heiter, sinnlich und sexy – so wirken die Frauen und Männer, die zuerst wie Raubkatzen um einander herumschleichen, flirten, den Partner fixieren, sich behutsam herantasten und plötzlich wild herausfahren. Dann gleiten die Paare engumschlungen (die Frauen auf Stilettos), übers Parkett, die Beine verkeilen sich ineinander – blitzartig und virtuos. Immerhin sind echte Tango-Weltmeister-Paare unter ihnen: German Cornejo und Gisela Galeassi – mit ernster Miene und stilecht. Elegant, geschmeidig, in sich gekehrt, Bravurnummern bieten sie in Perfektion, aber eher beiläufig. Daneben Ezequiel Lopez und Camila Alegre mit verwegenen Variationen, Leidenschaft, Sexappeal und Hebefiguren. Manchmal fegen sie, beinah wie im Gleitflug, über die Bühne. Dabei flirten sie nicht nur miteinander ,sondern auch mit dem Publikum.

Klassisches Ballett, Kunstturnen und Tangofeeling

Edgar Luizada mit langen Locken macht auf Latin Lover, seine Partnerin Pamela Pucheta mit blondiertem Bubikopf trippelt und springt auf Spitzenschuh, vereint klassisches Ballett, Kunstturnen und Tangofeeling. Wuchtige und unerwartete Nummern kredenzen die zwei und verblüffen: Sie schwingen sich an Trapezriemen in die Luft, halten die Zuschauer min Atem - durch waghalsige Kunststücke hoch unter der Capitol-Decke. Klar, dass sie frenetisch gefeiert werden.

Genauso wie die Breakdancer, z. B. die Bboys „Prinz Henry“ (Henry Monsanto) und „Hill“ (Gil Adan Hernandez Candelas). Kopfpirouetten, Flugsprünge, Drehungen auf Schulter oder Händen – all’ die hochvirtuosen und riskanten Variationen in Turbotempo, die Breakdance fürs Showbusiness so attraktiv machen. Erstaunlich ist, dass sie sich – fast wie von selbst – unter die Tango-Artisten mischen und in manchen Szenen mit ihnen zusammentanzen. Wettkampf, Battle und Posing – das lieben beide. So lauern die Tangopaare auf jede Gelegenheit, sich mit und an ihnen zu messen. Und ihre Hebefiguren werden ebenfalls immer schneller und waghalsiger. Nach gut zwei Stunden verschmelzen die Gruppen zu einer Einheit.

Das alles wird geführt und angeheizt von der Vierer-Band, die Elektrotango-Hits und Pop Covers zum Besten gibt. Stimmlich geben sie alles: Luciano Bassi und vor allem Gisela Lepio, die mit ihrem röhrenden Sound, dann rührendem Soul das Capitol-Theater in einen brodelnden Kessel verwandelt.

„Break the Tango“: danach nur noch in Berlin zu sehen. Bis 17. November (16. Nov. zwei Shows um 14.30 und 20 Uhr) im Capitol-Theater. Tickets ab 29,90 Euro unter Telefon 0211/ 733 44 150.

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