Sushi gehört bei Beckers zu Heiligabend

Tonhallenchef Michael Becker und seine Familie mögen Rituale. Die Festtage verbringen sie auch mit Hausmusik.

Düsseldorf. Zwei schwarze Flügel stehen sich wie fürs Konzert bereit gegenüber in der großzügig geschnittenen Derendorfer Altbauwohnung von Tonhallen-Intendant Michael Becker. Dort lebt er mit seiner Frau Sara Koch und den vier gemeinsamen Kindern. Die Atmosphäre ist luftig behaglich, hier feiern die Beckers Weihnachten.

„Ich bin immer ganz aufgeregt, wenn das Christkind klingelt“, sagt die achtjährige Yuni, die älteste Tochter des Ehepaares. Vor die Freude über die Geschenke jedoch haben die musikalischen Eltern das weihnachtliche Singen gesetzt. Becker ist ja nicht nur Musik-Organisator, sondern auch Musiker. Er ist studierter Bratscher, seine Frau Konzertpianistin, Yuni und ihre fünfjährige Schwester Miay spielen Klavier, die beiden Jüngsten singen im Kindergarten. Zwar ist ein ausgewachsenes Hauskonzert nicht Pflichtprogramm im Hause Becker, jedoch pflegt die Familie die Kunst des A-cappella-Singens.

„Diese Tradition haben wir von unseren deutschen Vätern übernommen“, sagt Sara Koch, die Tochter einer Japanerin und eines Schwaben. Vom Vater habe sie wohl zwei wichtige Leidenschaften geerbt: die Musikalität und das Backen. „Unsere beiden Väter spielen an Heiligabend in der Kirche Orgel“, sagt Michael Becker. Und mit derselben Hingabe und einer gewissen Strenge sei auch das heiligabendliche Singen zu Hause praktiziert worden, erzählt Becker, dessen Jugend von Fußball und Chorgesang geprägt war. „Das sehen wir aber in unserer Familie entspannter.“ Ein paar Weihnachtslieder vor der Bescherung gibt es jedoch auf jeden Fall. Später greift der Familienvater zum Streichinstrument. „Während unsere Kinder mit den Geschenken beschäftigt sind, spielen meine Frau und ich Stücke aus dem Bratschen-Repertoire, vielleicht eine Sonate von Brahms.“

Die Kinder pflegen die musischen Ansprüche auf ihre Weise. „Alles besetzt. Ihr müsst früher reservieren!“ — diesen Satz spricht Yuni an Heiligabend beim Krippenspiel in der Dreifaltigkeitskirche. Stolz erzählt sie: „Ich spiele den Wirt, der Maria und Josef mitteilt, dass er keine Zimmer für sie frei hat.“ Den Kindergottesdienst besucht die ganze Familie, der einjährige Yan, die Töchter Nami (4) und Miya (5) und natürlich Yuni.

Bereits nach dem Frühstück wird der Tannenbaum geschmückt — mit echten Kerzen und mit einer kleinen japanischen Fahne, die an Sara Kochs Herkunft erinnert. Auch kommt am Abend nicht etwa eine Gans auf den Tisch, sondern Sushi. Und da gehört schon die hauseigene Herstellung zum Weihnachtsritual. „Die Kinder rollen die Makis mit“, sagt die Mutter.

Den ersten Heiligen Abend in Düsseldorf vor vier Jahren werden Beckers nicht so schnell vergessen. Am 24. Dezember kündigte sich Töchterchen Nami an — einige Wochen früher als erwartet. Das feierliche Gedenken an Christi Geburt bekam hier eine überaus realistische Dimension, und der Familie wurde gewissermaßen in der Nacht zum 25. Dezember ein Christkind beschert. An das richtige Christkind glauben in dieser Familie natürlich alle Kinder. Und an den Weihnachtsmann, der die Geschenke bringt. Allerdings stellen sich bei der achtjährigen Yuni erste Zweifel ein. Immer mal wieder fragt sie, ob es diese weihnachtlichen Wesen wirklich gebe.

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