Südfriedhof: Spaziergänger findet menschliche Skelett-Teile

Viele Knochen liegen in einem Bereich, der eigentlich nicht frei zugänglich sein sollte.

Düsseldorf. Als Ingo Neubert (Name von der Redaktion geändert) in der vergangenen Woche einen Spaziergang in einem abgelegenen Teil des Südfriedhofes machte, wollte er zunächst seinen Augen nicht trauen. Aus dem lehmigen Boden vor ihm ragte ein menschlicher Knochen. „Das kann nicht sein, das ist bestimmt nur ein Ast“, dachte sich der 48-Jährige.

Bei näherem Hinsehen jedoch bestätigte sich sein Verdacht. „Ich bin zwar kein Biologe, doch dass das da vor mir ein Unterarmknochen war, konnte auch ich erkennen“, sagt Neubert.

Damit nicht genug, entdeckte er in einem Erdhügel vor sich sowie im angrenzenden Gebüsch noch etliche andere menschliche Überreste. Darunter ein ganzes Becken, Hüftknochen sowie Teile eines Schädels.

„Ich gehe davon aus, dass die Skelett-Teile aus Gräbern stammen, die nach Ablauf der Ruhezeit geräumt wurden. Dass die hier so offen herumliegen, finde ich entsetzlich würdelos und traurig“, sagt Neubert, der seine Entdeckungen auch fotografierte.

Auf Nachfrage beim Gartenamt erklärt Amtsleiter Manfred Krick: „Leider ist Herr Neubert da in einen Bereich gelangt, der der Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglich sein sollte. Dort befindet sich eine Abraumhalde, wo wir den Aushub zwischenlagern, bevor er gesiebt wird. Eventuelle Überreste werden wieder bestattet. Aber wegen der kalten Witterung musste der Aushub dort erst einmal gelagert werden.“

Krick räumt ein, dass sich kleinere Knochenfunde auf Friedhöfen jedoch nie ganz vermeiden lassen: „Die Gräber werden heutzutage nicht mehr von Hand, sondern mit dem Bagger ausgehoben. Dass da mal etwas übersehen wird, ist nicht auszuschließen.“

25 Jahre beträgt die Liegezeit auf dem Südfriedhof, nach deren Ablauf muss sie von den Angehörigen des Verstorbenen verlängert werden. Geschieht dies nicht, wird das Grab geräumt. Nach 20 Jahren in der Erde sind allerdings die meisten der größeren Knochen noch lange nicht verrottet. Was die Situation zusätzlich erschwert, ist die Bodenbeschaffenheit auf vielen Friedhöfen.

Laut einer Untersuchung der Universität Kiel besteht dieses Problem derzeit bei 25 bis 40 Prozent der bundesdeutschen Friedhöfe. Ist die Erde nicht luftdurchlässig genug — beispielsweise bei hohem Grundwasserstand —, kommt es vor, dass der Zersetzungsprozess nicht wie gewünscht abläuft. Durch Umbildung der Körperfette verhindert eine wachsähnliche Schutzschicht dann die weitere Verwesung. Solche so genannten „Wachsleichen“ sind teilweise nach 45 Jahren noch nicht vergangen.

Tatsächlich kennt man diese Schwierigkeit auch auf den Düsseldorfer Friedhöfen. „Es gab da ein gewisses Problem in der Vergangenheit. Daher setzen wir in Bereichen, wo uns das bekannt ist, nicht mehr bei“, erläutert Amtsleiter Krick. Ingo Neubert ist sich sicher, dass er bei seinem Spaziergang auf genau solche Wachsleichen gestoßen ist: „Da lagen ja nicht bloß einzelne, kleinere Knochen, sondern noch zusammenhängende Körperteile.“

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