Düsseldorfer Langericht Streit um Millionenerbe beschäftigt seit 33 Jahren die Justiz

„Dr. Faßbender gegen Faßbender“. So steht es auf der Rolle des Landgerichts. Was scheint wie ein normaler Zivilstreit ist der längste Prozess in der Geschichte des Düsseldorfer Landgerichts. Seit mehr als 30 Jahren streiten sich zwei Enkel des ARAG-Gründers.

Symbolbild

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Düsseldorf. Es ist der längste Prozess in der Geschichte des Düsseldorfer Landgerichts: Zwei Enkel des ARAG-Gründers streiten sich seit 33 Jahren um das Erbe. Der heutige ARAG-Chef Paul-Otto Faßbender wurde bereits 1983 von seiner Schwester verklagt. Streitpunkt ist das Testament ihres Vaters. Der hatte wie schon der Firmengründer verfügt, dass seine Anteile am Düsseldorfer Versicherungskonzern in einer Hand bleiben sollten. Als Alleinerben setzte er seinen Sohn ein. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1972 begann das Gerangel der beiden Kinder um das Erbe. Zehn Jahre lang erfolglos. Dann verklagte die Schwester 1983 ihren Bruder.

Die heute 66-Jährige fordert nach Angaben des Landgerichts seither einen Ausgleich für den 50-prozentigen Inlandsanteil des Konzerns sowie die Hälfte der Aktien der Auslandsgesellschaften der ARAG-Gruppe. Das sieht ARAG-Chef Paul-Otto Faßbender anders. Der 70-Jährige meint, sein Erbteil umfasse auch die Auslandsanteile des Versicherungskonzerns.

Genau zu dieser Frage soll sich an diesem Mittwoch (19.10.) im Prozess ein Gutachter äußern. Damit war er nach Auskunft einer Gerichtssprecherin vor sieben Jahren beauftragt worden. Er solle erforschen, „ob die Anordnung des Erblassers auch die Beteiligungen an ausländischen, der ARAG-Gruppe zuzurechnenden Gesellschaften umfasst“.

Die lange Dauer des Prozesses hat mehrere Gründe. Das Verfahren ruhte einige Male, weil die Familie offenbar versucht hat, den Konflikt doch noch intern zu lösen. Dann wurden von beiden Seiten etliche Sachverständige beauftragt, einer wurde dement. Der Anwalt der Klägerin starb, kurz bevor ein von ihm ausgehandelter und fast unterschriftsreifer Vergleich abgeschlossen werden konnte. Die heute 66-Jährige suchte lange einen neuen Anwalt. Und der musste sich erst wieder in die Mammutakte einarbeiten.

Die Vorsitzende Richterin der 5. Zivilkammer beschäftigt der Fall schon lange. Vor sechs Jahren hatte Barbara Strupp-Müller die Geschwister aufgefordert, den Streit zu beenden, sie lud die Parteien zu einem Gespräch in ihr Dienstzimmer ein. Anlass war der Auftritt von Gisela Faßbender. Die damals 91 Jahre alte Mutter der beiden Streithähne hatte im Prozess ausgesagt - und zwar zugunsten ihres Sohnes. Ihr Mann habe gewollt, dass alles in einer Hand bleiben solle, also auch die Auslandsanteile, soll sie gesagt haben.

Ob das auch so im Testament des vor 44 Jahren verstorbenen Vaters der Geschwister steht, muss die 5. Zivilkammer klären. Dass der Streit dann erledigt sein könnte, darf aber bezweifelt werden.

Paul-Otto Faßbender ist längst unumschränkter Herrscher des größten deutschen Versicherungskonzerns in Familienbesitz. Der Umsatz lag im Vorjahr europaweit bei 1,7 Milliarden Euro. Der 70-Jährige ist seit 1998 Mehrheitsaktionär und seit 2000 Vorstandsvorsitzender. Er wird es nach einem Beschluss des Aufsichtsrats vom Dezember 2014 auch mindestens bis zu seinem 74. Lebensjahr bleiben.

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