Düsseldorf und Köln Streik an NRW-Flughäfen - Hunderte Flüge fallen aus - Zehntausende Reisende betroffen

Düsseldorf · Der Tarifkonflikt bei den privaten Sicherheitsdiensten hat massive Folgen an den größten Airports von NRW. Mehr als jeder zweite Flug fällt aus, Zehntausende Fluggäste sind betroffen. Viele von ihnen reisten gar nicht erst an.

Sicherheitsmitarbeiter demonstrieren am Flughafen Düsseldorf.

Sicherheitsmitarbeiter demonstrieren am Flughafen Düsseldorf.

Foto: dpa/Federico Gambarini

An den Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn müssen sich Reisende am Donnerstag auf lange Wartezeiten und Flugausfälle einstellen. An den beiden NRW-Standorten sowie in Stuttgart gibt es ganztägige Arbeitsniederlegungen der Beschäftigten des Sicherheitspersonals (>>Mitteilung der Gewerkschaft Verdi). Die Warnstreiks treffen laut Flughafenverband ADV etwa 111.000 Reisende. Der ganztägige Ausstand hat an den Airports im Rheinland um Mitternacht begonnen.

370 Flüge in Düsseldorf, 131 in Köln gestrichen

Die Auswirkungen sind gravierend. Mehr als jeder zweite Flug an den betroffen NRW-Airports wurde gestrichen. Allein in Düsseldorf kommen auf die planmäßig 570 Landungen und Abflüge etwa 58.600 Passagiere. In Köln-Bonn sind es 199 Flugbewegungen mit schätzungsweise 28.000 Passagieren. 200 Abflüge wurden am Donnerstag in Düsseldorf gestrichen, ebenso 170 Landungen. Am Flughafen Köln/Bonn haben die Airlines wegen des Warnstreiks 131 von 199 geplanten Abflügen und Ankünften gestrichen. Bei einigen Flügen weichen Airlines auf andere Flughäfen aus.

Am Düsseldorfer Flughafen demonstrierten in den frühen Morgenstunden Hunderte Streikende lautstark mit Trillerpfeifen und Plakaten. Auf einem war etwa zu lesen: «Mehr Lohn? Mit Sicherheit!» Anzeigentafeln zeigten zahlreiche annullierte Flüge. Um 7 Uhr sei es am Düsseldorfer Airport trotz allem „relativ ruhig“ gewesen, berichtet ein Radioreporter beim WDR. Viele Passagiere seien offenbar über die Ausfälle gut informiert gewesen - und gar nicht erst gekommen.

Der Flughafen bestätigt das. Weil die Fluggesellschaften ihre Passagiere im Vorfeld informiert hätten, reisten die meisten betroffenen Fluggäste wohl gar nicht erst an, hieß es am Airport Köln/Bonn. „Die Terminals sind deutlich leerer als sonst.“ Zunächst seien zwei Spuren für die Fluggastkontrolle geöffnet worden. Es komme zu längeren Wartezeiten. Auch am größten Flughafen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes in Düsseldorf waren nur relativ wenige Fluggäste in der großen Abflugebene zu sehen. Die Situation sei ruhig, es gebe keine längeren Warteschlagen in den Terminals, schilderte der Flughafensprecher.

Laut WDR wurden auch Busse eingesetzt, um andere Passagiere zu den Flughäfen in Dortmund und Münster zu bringen, damit sie von dort aus ihre Reisen antreten können.

Verdi: Hohe Streik-Beteiligung in Düsseldorf

Die zuständige Verdi-Fachbereichsleiterin Andrea Becker zog eine positive Zwischenbilanz, die Beteiligung habe beim Düsseldorfer Sicherheitspersonal bei 70 bis 80 Prozent gelegen. „Die Beschäftigten stehen hinter der Forderung und haben das Signal an die Arbeitgeber gesendet, jetzt ist Schluss mit dem Spiel auf Zeit.“ Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen wertete den ganztägigen Warnstreik als „völlig überzogen“.

In Köln sind nach WDR-Angaben zwei Kontrollstellen geöffnet. Die Abfertigung der Passagiere gehe langsam voran. Nur wenige Flüge sollten am Vormittag starten.

Im Gegensatz zu anderen Standorten gibt es in Köln/Bonn kein Nachtflugverbot. Nachts ist der rheinische Airport besonders für die Frachtflieger von DHL, UPS und Fedex wichtig. Auch sie betrifft der Warnstreik - ihre Piloten und Ladungen müssen ebenfalls durch die Sicherheitschecks.Um die Auswirkungen des Streiks auf den Fracht-Verkehr zu minimieren hätten Köln-Bonner Flughafen-Mitarbeiter in der Nacht Kontrollstellen besetzt - unter Protest der streikenden Sicherheitsleute, wie der WDR am Morgen berichtet.

Die Streikbereitschaft in Köln/Bonn sei enorm hoch, sagte ein Verdi-Sprecher. Bereits kurz nach Streikbeginn um Mitternacht habe es im Fracht-Bereich Chaos an den Kontrolltoren gegeben, durch die die Lastwagen die Fracht auf das Flughafengelände bringen. Es habe Rückstaus bis zur Autobahn gegeben. Später entspannte sich die Lage.

Auch an anderen Flughäfen haben die Warnstreiks Auswirkungen. Laut Internetseite der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH waren am Donnerstagmorgen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld mehr als 90 Flüge betroffen - die meisten Ausfälle gab es dabei in Tegel. „Informiere dich vor deiner Anreise über den Flugstatus bei deiner Airline“, twitterte der Berlin Airport Service. Am Flughafen in Hannover sind drei Anflüge und drei Abflüge ausgefallen, wie ein Sprecher des Flughafens sagte. Am Airport München entfielen laut einem Sprecher sogar etwa 100 Flüge wegen der Warnstreiks. Hier kamen wetterbedingt weitere Ausfälle hinzu.

Hintergrund der Warnstreiks ist der Tarifkonflikt mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS). Die Gewerkschaft will mit der erneuten Streikaktion ein verbessertes Tarifangebot für die 23.000 Beschäftigten im Bereich der Sicherheit erreichen. Schon am Montag hatte ein knapp vierstündiger Warnstreik des Sicherheitspersonals an den Berliner Flughäfen den Betrieb fast völlig lahmgelegt.

Am Standort Düsseldorf werden die Beschäftigten von Klüh, Securitas und Kötter zum Streik aufgerufen. In Köln-Bonn wird Verdi die Betriebe Frasec, Pond, Securitas, Kötter Aviation und Kötter Airport bestreiken. An den beiden NRW-Standorten sind rund 3000 Beschäftigte zum Streik aufgerufen. Bei der Bezahlung der Beschäftigten gibt es große regionale Unterschiede – in Ostdeutschland sind es nach Arbeitgeberangaben bei Passagierkontrolleuren 14,70 Euro und im Westen bis zu 17,16 Euro pro Stunde. In NRW liegt der Stundenlohn der Passagierkontrolleure bei 17,05 Euro. Angestellte, die nur für die Fracht und das Flughafenpersonal zuständig sind, bekommen weniger – für die meisten von ihnen sind es 15 Euro pro Stunde. Hinzu kommen noch Zuschläge für Sonntagsdienste oder Nachtarbeit. Verdi fordert eine Bezahlung von bundesweit 20 Euro pro Stunde. Nach Rechnung der Arbeitgeber bedeutet die Verdi-Forderung eine Anhebung des Lohns um bis zu 44 Prozent und sei damit „völlig unrealistisch“. Sie bieten nach eigener Darstellung ein Plus von bis zu 6,4 Prozent.

Handgepäck soll auf ein Minimum reduziert werden

Verdi hält einen Tarifkompromiss derzeit nicht für möglich. Für die meisten Beschäftigten wäre das Arbeitgeberangebot nach Verdi-Rechnung nur ein Plus von zwei Prozent. „Die Beschäftigten der Luftsicherheitsunternehmen müssen für ihre schwere und verantwortungsvolle Aufgabe eine deutlich höhere Entlohnung erhalten“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Benjamin Roscher.

Passagiere werden gebeten, sich vor Anreise bei der Airline zu informieren. Handgepäck solle auf ein Minimum reduziert werden, um die Kontrollen zu beschleunigen. Das nächste Treffen in den Tarifverhandlungen ist für den 23. Januar geplant.

(red/dpa)
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