Düsseldorf Straßenstrich: Das Hauptproblem sind die Freier

Während die ersten Prostituierten im Sperrbezirk rund um die Charlottenstraße verurteilt wurden, gibt es gegen die Freier strafrechtlich keine Handhabe.

Düsseldorf: Straßenstrich: Das Hauptproblem sind die Freier
Foto: Arend

Düsseldorf. In einem waren sich die Vertreter von Justiz und Hilfsangeboten für Prostituierte beim Thema Straßenstrich im Sperrbezirk einig: Die Aussagebereitschaft der anschaffenden Frauen ist in aller Regel extrem gering — wenn es um kriminelle Menschenhändler und Zuhälter geht.

„Fast alle geben bei Vernehmungen an, völlig freiwillig und selbstständig auf den Strich zu gehen“, berichtet Staatsanwältin Vera Schwarzenecker. Den Hauptgrund dafür nennt Eva Inderfurth von der Frauenberatungsstelle, die Streetworkerprojekte an der Charlottenstraße durchführt: „Meist ist es Angst, weil die Frauen von ihren Zuhältern — gerade bei Prostituierten aus Bulgarien und Rumänien sind das oft auch ihre Lebensgefährten — massiv bedroht werden.“

Mehrere Experten beleuchten am Dienstag im Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern die aktuelle Lage auf dem Strich an der Charlottenstraße, die seit 1974 zum Sperrbezirk gehört.

Während sich die Vertreter der Hilfseinrichtungen wie der Notschlafstelle Knackpunkt (SKFM) gegen eine Kriminalisierung der Prostituierten und ihre Verdrängung aus dem Sperrbezirk wenden (siehe Artikel unten), weil das kein Problem löse, sondern die Lage nur unübersichtlicher und riskanter für die Frauen mache, betont die Staatsanwältin die Notwendigkeit, auch Strafverfahren einzuleiten: „Wenn sich eine Frau immer wieder im Sperrbezirk prostituiert, greift das Strafgesetzbuch, das können wir nicht einfach ignorieren.“

Gegen 36 Damen habe ihre Behörde seit Februar 2014 ermittelt, die meisten Verfahren wurden eingestellt, weil die Frauen schlicht keine Adresse hatten und postalisch nicht erreichbar waren. Sechs wurden verurteilt, davon eine zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung — im Juli per Schnellverfahren.

Viel schwieriger ist es, die männlichen Freier „dranzukriegen“. Wenn es nicht um Minderjährige geht, gibt es für sie keinen Straftatbestand. Immerhin hat die Stadt per Ordnungsverfügung die Kontaktaufnahme zu Prostituierten verboten — und so ist der OSD auch viel mit Zivilfahndern im Milieu unterwegs. 160 Verfahren wurden 2014 gegen Freier eingeleitet, meist blieb es freilich beim 20-Euro-Knöllchen wegen störenden Herumfahrens.

Wird eine gezielte Kontaktaufnahme mit Prostituierten nachgewiesen, werden beim ersten Mal 250 Euro fällig, beim vierten Mal sind es 1000 Euro — derzeit gibt es fünf dieser „1000 Euro-Freier“. Schwarzenecker: „Manche Männer schreckt auch das nicht ab, obwohl sie für das Geld auch in Luxus-Bordelle gehen könnten.“ Sie suchten bewusst die Straße und die meist verarmten Prostituierten auf und drückten die ohnehin niedrigen Preise.

Auch deshalb fordert Elisabeth Wilfart, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, die Männer beim Thema Prostitution viel mehr in den Fokus zu rücken: „Deren unheilvolle Rolle ist nicht gottgegeben. Düsseldorf sollte eine extrem freier-unfreundliche Stadt werden.“

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