Düsseldorf Wenn Monster und Mumien durch die Stadt ziehen

Stadt-Teilchen: Der Rheinländer schnitzt sich seine Feiertage, wie sie ihm gefallen.

Lebende Tote sind im Herbst öfter in der Stadt anzutreffen . . . Foto: Archiv

Lebende Tote sind im Herbst öfter in der Stadt anzutreffen . . . Foto: Archiv

Foto: David Young

Der Rheinländer verkleidet und maskiert sich bekanntlich gern. Anlass ist immer, vom Kindergeburtstag bis zu Hoppeditz’ Beerdigung. Hauptsache mal raus aus dem Business-Kostüm. Kaum ist die Bierseligkeit des Oktoberfests abgeklungen - in Niederkassel waren die Eintrittskarten schneller ausverkauft als bei einem Gastspiel von Madonna — , schon ist umdekoriert auf Horror, wird das herzige Dirndl gegen ein Hexengewand getauscht.

Zwar ist erst am letzten Oktobertag, dem vor Allerheiligen, offizielle Geisterstunde, doch schon seit Wochen wird Düsseldorf von Kürbisköpfen regiert: Halloween. Gab’s früher gar nicht, kommt wie so vieles Absonderliche aus Amerika. Dorthin haben es allerdings auch einst Einwanderer eingeschleppt.

Und jetzt sind die Geister überall. Wir haben uns mittlerweile dran gewöhnt: Vor Allerheiligen kommen die Aliens, Monster und Mumien, Bloody Marys. Besonders wo in der Altstadt die Pubs angesiedelt sind, knubbeln sich furchteinflößende Gestalten vor und hinter spinnwebverhangenen Eingängen, hinter denen sich blutrot beleuchteter Höllenschlund auftut.

Man kann dem Spuk auch kaum entkommen. Allüberall in den Gemüse-Regalen, sogar als Sonderdekoration, leuchten orangefarbenen Kürbisse, warten darauf, ausgehöhlt und in grinsende Laternen verwandelt zu werden. Gruseln kennt keine Grenzen: Die bekannten „2 Brüder“ in Venlo hatten schon Mitte Oktober zur Halloween Shopping nach Venlo gelockt, samt Gruselparade durch die City des Grenzstädtchens.

Das Gehirn des Kürbiskopps ergibt eine gute Suppe - das Rezept dazu habe ich jüngst auf dem Carlsplatz gleich mitgeliefert bekommen. Noch lieber wäre mir natürlich die Anleitung gewesen, wie aus einem Kürbis eine goldene Kutsche wird, so wie in Disneys Cinderella-Film. Doch dazu bedarf es einer guten Fee. Am besten einer mit Spezialausbildung, die mittels eines zeitgemäßen Zauberstabs eine Knutschkugel von Sportwagen hinkriegt. Das wäre wirklich märchenhaft.

Ohne Allerheiligen — womit ja vor allem Heilige verehrt werden sollen, die übers Jahr im christlichen Kalender zu kurz kommen — gäbe es das Spektakel überhaupt nicht: Halloween, die Abkürzung von „All Hallows Eve“, die Nacht vor Allerheiligen, in der angeblich, wie auch an Allerseelen, dem Tag danach, ruhelose Geister Pause vom Fegefeuer und die Erde unsicher machen. Um sich vor ihnen zu verstecken, sollen sich die Menschen schon im Mittelalter verkleidet haben.

Schon damals gehörten Kirchweih und Märkte zusammen. Auch heute wittert die Wirtschaft zusätzlichen Umsatz. Für Halloween gibt’s in der Stadt - auch im Internet - jede Menge Kostüme und Masken. Nicht zu vergessen spezielle schmierige Schminke, um so richtig schön schaurige Visagen mit schwarzumrandeten Augen zu malen. (Böse Geister behaupten ja, auf der Kö sei alle Nase lang Halloween).

Vor allem in den Clubs und Discos von Düsseldorf wird bereits seit Jahren zu gruseligen Veranstaltungen geladen, wie „Walking Dead“ im Hafen, einem „Antidepressivem Dinner“ in der Nachtresidenz, und im Stahlwerk ist sowieso die Hölle los. Das Spektakel reicht längst bis in die brave Bücherei in Wersten. Halloween ist ansteckend. Laut einer Umfrage, soll aus der Altersgruppe bis zum Mittdreißiger bereits jeder Dritte infiziert sein.

Und danach fiebern wir munter weiter. Der von ihnen beleuchtete Kürbiskopf lässt sich prima zu St. Martin recyclen, diesem besonderen Tag des Düsseldorfer Winterbrauchtum, wenn die Schulkinder singend durch die Stadt-Teilchen ziehen. Ein Fest des Teilens, das uns in diesem Jahr angesichts der Flüchtlingsströme sicher nachdenklich macht.

Doch nicht lange, denn am 11.11. steigt ja schon wieder unser Hoppediz aus der Kiste. Und wer sich nicht zum Narren machen lässt, kriegt auf’m Carlsplatz, von den närrischen Marktfrauen einen mit der Klatsche.

Selbst wenn Karneval mal ausfallen sollte, sei es wegen Krieg oder Sturm, dann verschieben wir den Spaß einfach in eine weniger stürmische Jahreszeit. Man soll die Feste feiern, wie sie gefallen. Frankreichfest, China-Tag, Japanisches Feuerwerk.

Fehlt noch was für zwischendurch? Dann schnitzen wir uns einfach noch eins …

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