Stadt-Teilchen Eine Blechbüchsenarmee ist in die Stadt eingefallen und hat sie besetzt

Abfall-Container — die Monotonie des Nichtschönen

Umweltgerechte Müllentsorgung muss sein. Doch viele Container stehen in der Kritik — besonders, wenn sie verbeult und schmuddelig sind.

Umweltgerechte Müllentsorgung muss sein. Doch viele Container stehen in der Kritik — besonders, wenn sie verbeult und schmuddelig sind.

Foto: Nanninga

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es irgendwo da draußen ein geheimes Kommando gibt. Da sind Menschen unterwegs, die eine Mission haben und diese immer dann erledigen, wenn andere schlafen oder wegschauen.

Es sind keinesfalls nützliche Gesellen wie es einst die Heinzelmännchen zu Köln waren, die einen schönen Nachtputzdienst anboten. Nein, es sind Gestalten, deren einziger Lebenszweck die Verhässlichung der Stadt ist. Ich weiß, Verhässlichung ist eine unschöne Wortschöpfung, aber hier passt sie halt, weil ein hässliches Wort für hässliche Dinge schon von großer innerer Konsequenz zeugt.

Die hässlichen Dinge sind Container, erfunden von Bösmeinenden. Vordergründig sind diese Container vorgesehen für Glas, für Papier, für Klamotten. Man soll dort einwerfen, was man nicht mehr braucht und dann hoffen, dass das Hinterlassene neuem Nutzen zugeführt wird. Aber das ist alles nur Täuschung.

In Wahrheit dienen diese Container nicht der Aufbewahrung von eingeworfenen Dingen, sie sind vor allem dazu ausersehen, die Stadt hässlicher zu machen. Ich bin kein großer Anhänger von Verschwörungstheorien. Ich glaube nicht daran, dass Flugzeuge Stoffe versprühen, um uns alle dümmer zu machen. Das erledigt Facebook auch ohne Chemikalien. Auch glaube ich nicht an eine internationale Verschwörung von Kapitalisten und Kommunisten zum Zwecke der Erringung der Weltherrschaft. Und wer von Lügenpresse faselt, sorgt sogleich dafür, dass sich meine Ohren reflexartig verschließen und sich dann erst wieder öffnen, wenn ihnen Argumente zugeführt werden.

Trotzdem erkenne ich eine Verschwörung, wenn ich eine sehe, und das mit den Containern ist eine Verschwörung. Menschen, die an einem schönen Düsseldorf keinerlei Interesse haben, wollen, dass die Stadt dauerhaft hässlich bleibt. Irgendwo sitzen welche, die alles tun, um die Schmuddeligkeit in Deutschlands schönster Stadt zu bewahren.

Sie haben sich das mit den Containern ausgedacht und dabei fein darauf geachtet, dass möglichst viele von jenen Containern aufgestellt werden, die offenbar nur sehr schwer zu reinigen sind. Sie haben außerdem Sorge getragen, dass an den blechernen Ungetümen genügend Oberfläche bleibt, die verdrecken kann oder Platz bietet für Schmierereien oder wild geklebte Plakate.

Ja, ich weiß, man soll der Jugend Platz geben, um pubertäre Omnipotenzphantasien per Sprühlackdosengebrauch ausleben zu können. Das habe selbst ich, der nachweislich unter Lackdose-Intoleranz leidet, lange für sinnvoll gehalten. Aber das kann ich nicht länger als Erklärung akzeptieren. Da ist mehr. Schließlich zeichnet die Container im Stadtgebiet eine gewisse gleichmäßige Hässlichkeit, die Monotonie des Nichtschönen aus. Wohin man auch geht, die Kisten sind hässlich und zerbeult. Vor allem sind sie da und wirken als sichtbarer Machtbeweis fremder Interessen. Es ist eine Blechbüchsenarmee eingefallen und hat die Stadt besetzt. Und wir füttern die auch noch regelmäßig.

Da kann die Awista rundherum noch so fein putzen und mehrfach am Tag den Besen schwingen, auf die Blechbüchsen hat das keine Auswirkung. Sie pflegen die Schmuddeligkeit. Vor allem auch oben herum. Wichtig ist nämlich, dass sich oben auf ihnen stets eine fette Rußschicht breit macht. So richtig schön dick und klebrig und schmierig. Ohne solch ein Make-up lässt sich ein anständiger Container nicht draußen blicken. Außerdem trägt ein vernünftiger Container gerne Beule. Er muss so verbeult sein, als habe er vor seinem Leben als Container Dienst getan als Crashtest-Dummy in einer ADAC-Autounfalltestanlage.

Aber möglicherweise liege ich mit all meinem Verdacht auch komplett falsch. Vielleicht sind die Container auch nur Teil eines städtischen Programms zur Selbstbewusstseinsstärkung der Einwohner. Die fühlen sich nämlich des Morgens, wenn sie zerknittert aus der Haustür stapfen, gleich viel schöner, wenn sie die verbeulten Aufbewahrungsmonster sehen. Wäre eine Erklärung. Hässlichkeit als Schubkraft fürs allenfalls Mittelschöne.

Düsseldorf ist eine famose So-lala-Stadt, hat kürzlich mal ein kluger Kopf geschrieben, der auch meinte, die Stadt sei „angenehm solide bis irre“. Gemeint hat er die architektonischen Leistungen und die Kunst in der U-Bahn, aber ich bin fest davon überzeugt, dass dem Mann noch ganz andere Sachen einfielen, öffnete man ihm erst mal die Augen für die Düsseldorfer Blechbüchsenarmee.

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