Stadt-Teilchen : Ein paar Gedanken zur „Kugelspielerin“ am Kö-Südende
Sie wirft nicht. Sie tut nur so. Sie will nur spielen. Oder wirft sie doch? Jetzt gleich? Oder später? Ich warte. Ich hocke vor ihr, aber sie lächelt mich nur an. Lächelt sie wirklich? Man weiß das bei Frauen ja nie so ganz genau.
Auf jeden Fall weiß sie zu beeindrucken mit der Eleganz ihres jungen Körpers, mit der Geschmeidigkeit ihrer Bewegung. Nur die Frage, wann sie denn nun wirft, die beantwortet sie mir nicht.
Ab und zu habe ich am Rande des Graf-Adolf-Platzes ein Rendezvous mit der offiziell „Die Kugelspielerin“ genannten Statue, die in meinen Augen ja eigentlich eine Kugelwerferin ist. Eine frühe Boule-Spielerin vielleicht? Manches deutet darauf hin in ihrer Haltung. Wie sie den rechten Fuß zurückstellt, quasi auf dem dicken Zeh balanciert. Wie sie die linke Hand hinter dem Rücken versteckt, um ihr wallendes Kleid zu bändigen, um den bevorstehenden Wurf nicht vom Stoff beeinträchtigen zu lassen. Von vorne kann man nicht sehen, wie sie hinter ihrem Rücken den Zeigefinger abspreizt. Voll konzentriert auf den bevorstehenden Wurf.
Sie ist keck, die Kugelwerferin. Wie sie dasteht, eingefroren in einer Pose des Wollens, des gleich Werdens. Geschaffen von Walter Schott, der Stadt geschenkt von Gustav Herzfeld. Das Jahr 1902 ist auf dem Sockel vermerkt. Man kommt nicht gleich auf 1902, wenn man diese teichgrüngraue Jungfer erblickt. Erst recht nicht, wenn man entdeckt, dass ihre rechte Brust eine nackte ist, die sich im Schwung der Bewegung frivol aus dem Schutz des Kleides geschält hat.
Eine nackte Brust? Mitten in Düsseldorf? Am Graf-Adolf-Platz? In der Kö-Verlängerung? Ja, da steht sie und will ihre Kugel gen Süden werfen. Sie will ganz offensichtlich mit den Menschen spielen, die auf den vier Bänken vor ihr Platz nehmen. Sie will ihnen ein bisschen schenken von ihrer jugendlichen Leichtigkeit.
Mitten im Verkehrsgetöse signalisiert sie dem gestressten Passanten, dass er sich doch bitteschön in dieser botanischen Oase entspannen möge. Chill dein Leben, Baby! Hat sie nie gesagt. Würde sie aber vielleicht sagen, wenn sie von heute wäre. Und dass sie dem Bergischen Löwen und der Kö den Rücken kehrt, kann man auch als durchaus provokante Geste verstehen. Sie will spielen, nicht stolzieren. Vielleicht wäre die Welt ja eine bessere, wenn mehr Menschen spielten.