St. Martin: Der kleinste gemeinsame Teiler

Wir haben uns am Zug und in der Stadt umgehört, was Düsseldorfern heute das Teilen bedeutet.

Düsseldorf. Der erste Martinszug zog 1886 durch Düsseldorf und schon damals, vor mehr als 125 Jahren, stand eines im Mittelpunkt: das Teilen. Die Botschaft des St.-Martinstages ist klar: So wie der heilige Martin die Hälfte seines Mantels an einen Bettler weiterreichte, sollte jeder gelegentlich etwas bedürftigen Mitmenschen abgeben. Während sich zum größten Düsseldorfer Martinsumzug gestern hunderte Kinder mit leuchtenden Lampions in den Straßen der Altstadt sammeln und sich vor allem auf das gemeinsame Singen und Süßigkeitengrippschen freuen, sind viele Laternengänger auch von der Geschichte des heiligen Martins begeistert.

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Sankt Martin

„Ich finde das toll, dass Sankt Martin seinen Mantel mit dem Bettler geteilt hat, so nett sollten alle manchmal sein“, sagt Henning (10). Er gebe seinem kleinen Bruder Sönke (9) gerne mal etwas ab. „Teilen tut ja nicht weh, deswegen mache ich das auch oft.“

Carlotta (9) kann sogar die gesamte Geschichte des Heiligen nacherzählen. Sie selbst teile oft mit ihrem jüngeren Bruder Oscar (5), auch wenn es manchmal schwerfällt: „Aber das muss man halt machen.“ Ihre Mutter Miriam Mendo findet es gut, dass das Martinsfest daran erinnert, mit seinen Mitmenschen mitzufühlen. Trotz des Drumherums mit Süßigkeiten und Lampions gehe der Gedanke des Teilens nicht verloren. „Die Kinder bekommen einen Bezug zum Thema.“

Daniela Sakendorf ist in Düsseldorf zu Besuch, sie wohnt seit einigen Jahren in Australien, wo sie eine andere Kultur des Teilens erlebt als hier. „In Australien wird viel mehr einfach so zwischen den Menschen geteilt und getauscht.“ Trotzdem findet sie, dass Bedürftigen heute insgesamt viel Mitgefühl entgegengebracht wird. „Durch die Medienberichterstattung erfährt man zum Beispiel viel mehr als früher über die Lage von Flüchtlingen und will helfen.“

Eine besondere Perspektive auf das Geben und Nehmen hat Mario. Der 53-Jährige hat lange auf der Straße gelebt und finanziert sich seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Verkauf des Straßenmagazins Fifty-Fifty. Was er verdient, teilt er zur Hälfte mit anderen Obdachlosen. Ihm ist es wichtig, das jeder so hilft, wie er kann. „Jeder kann in eine missliche Lage geraten, es ist wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt.“

Jene, die sozusagen beruflich mit dem Teilen zu tun haben, blicken positiv auf die Spendenbereitschaft in der Stadt. Bei Bianca Hinkelmann vom Fairhaus in Garath können Menschen Sachspenden für Asylbewerber abgeben, die diese dann kostenlos abholen können. Sie erlebt derzeit große Anteilnahme am Schicksal der Flüchtlinge: „Immer mehr Leute wollen den Menschen, die mit Nichts hier ankommen, etwas Gutes tun.“ Ganz im Zeichen des Sankt Martinstages steht die Aktion des „gutenachtbus“. Zwischen 22 und 23 Uhr Dienstagabend werden vor dem Kom(m)ödchen warme Mäntel und Jacken gesammelt, um sie an Obdachlose zu verteilen. „Ich glaube, dass die Symbolkraft es Martinstages viele Menschen zum Spenden bewegt“, sagt Sozialarbeiterin Julia Kasprzyk.

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