So streitet die SPD vor Ort über die Groko
Zu Besuch im Ortsverein Düsseltal-Flingern: Beim Mitglieder-Stammtisch ist es voller als sonst — die Genossen sind hin- und hergerissen.
Es gibt Redebedarf in der SPD in diesen Tagen, mehr als genug. Und so muss der Stammtisch des Ortsvereins Düsseltal-Flingern im Moskito am Brehmplatz an diesem Abend verlängert werden, da werden Stühle dazugestellt, man rückt ganz eng zusammen, „so viele Genossen waren schon länger nicht mehr da“, sagt Katharina Kabata, die stellvertretende Vorsitzende vor Ort. Ja oder Nein zur Groko, der interne Zoff an der Parteispitze, Gabriel gegen Schulz, Andrea Nahles als — von der Parteispitze einfach vorgesetzte — neue Parteichefin, der Aufstand der Jusos und immer desaströsere Umfragewerte: „Es gab durchaus schon langweiligere Zeiten in der SPD“, sagt Helma Wassenhoven, „so intensiv wurde lange nicht diskutiert — das immerhin ist doch was Gutes“.
So kann man das sehen, wenn man über genügend Galgenhumor verfügt. Hier in Düsseltal kommt die SPD eher ernst daher, ziemlich bürgerlich, man diskutiert sachlich auf hohem Niveau, der ein oder andere regt sich darüber auf, dass im Poker mit der Union Wortungeheuer wie „sachgrundlose Befristung“ oder „subsidiär geschützte Flüchtlinge“ im Mittelpunkt standen. Es gibt Alt, Weizen oder ein Glas Wein, zwei Metthappen stehen auf dem Tisch. Die Stimmung unter den Genossen ist heiter-defätistisch, aggressiv gestritten wird nicht. In der Konsequenz für die Republik mögen ein Ja und ein Nein zur Groko weit voneinander entfernt sein; in der Diskussion darüber ist man im Grunde nah beieinander. Denn natürlich will niemand in der SPD eine weitere Koalition mit der CDU, geschweige denn mit der CSU. Die einen sagen halt nur: Es muss leider sein. Und die anderen finden: Nein, schlimmer als die ewige Groko kann nichts sein. „Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera“, fasst Iris Ramm das Dilemma zusammen. Für welche Katastrophe sie sich entscheidet, weiß sie noch nicht. Wovor sie am meisten Angst hat, schon: „Dass die AfD bei Neuwahlen mit 18 Prozent vor uns liegt.“
Karin Harnickel, seit 25 Jahren in der Partei, hat sich weniger gequält, „ich habe mit Ja gestimmt, weil ich zum Koalitionsvertrag stehe, da wurde für unsere Leute viel herausgeholt“. Waldemar Plewe, seit 32 Jahren Genosse, ist strikter Groko-Gegner: „Sie hat im Hinblick auf Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft nichts zu bieten, sondern steht für ein maximales Weiter so.“ Dass für die SPD ohne Koalition nichts geht, ist ihm klar, für ihn kommen sogar weit auseinanderliegende Partner in Frage: „Wir müssen koalitionsfähig mit der Linkspartei und mit der FDP sein.“