Helden des Alltags : Der große Bruder vom Abenteuerspielplatz
Düsseldorf Dominik van den Berg betreut seit fünf Jahren den Abenteuerspielplatz in Oberkassel. Er wünscht sich für die Kinder, dass sie sich austoben und austesten können und Grundprinzipien erlernen, die ihnen in allen Lebenslagen von Nutzen sein werden.
Der Himmel zieht sich zu, dunkle Wolken liegen über dem Gelände am Brüggener Weg. Dominik van den Berg zuckt mit den Schultern: „Dann spielen wir eben im Regen weiter.“ Der Abenteuerspielplatz in Oberkassel ist ein Ort, an dem die Kinder die Natur erleben sollen. Sie sollen sich ausprobieren, herumtoben, jeden Schlupfwinkel erkunden, sich dreckig machen. Und das ohne Eltern, die parat stehen und – so gut es auch gemeint ist – reinquatschen.
Genau das ist das Konzept des Abenteuerspielplatzes: Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren bewegen sich auf dem rund 10 000 Quadratmeter großen Gelände frei und ohne elterliche Aufsicht. Gibt es Probleme, Konflikte oder Fragen, stehen Sozialarbeiter Dominik van den Berg und sein Team bereit. Dann ist der 34-Jährige mal Kumpel, der beim Bau eines Baumhauses hilft, großer Bruder, der mit dem Kind über den Ärger in der Schule quatscht, Schiedsrichter, der an die Regeln auf dem Platz erinnert oder auch mal einfach nur Erwachsener, an dem sich Jugendliche reiben und ihre Grenzen testen.
So hat es Dominik van den Berg selbst als Kind erlebt. Auch er war Stammgast auf einem Abenteuerspielplatz – damals in Eller. In dem Stadtteil wuchs er auf, wohnt heute wieder dort. „Meine Eltern haben mich laufen lassen. Ich durfte die Welt erkunden“, sagt er. Und das wünscht er sich auch für seinen Sohn, der mit seinen gerade mal drei Jahren manchmal mit Papa am Wochenende auf dem Gelände nach dem Rechten schaut oder hilft, die Tiere zu füttern. Denn die müssen schließlich auch versorgt werden, wenn der Spielplatz geschlossen ist.
Dazu zählen nicht nur die Ponys Shadow und Cinderella, sondern auch die Ziegen und Kaninchen. Wer die Ponys nicht nur streicheln, sauber machen, füttern, sondern sogar reiten darf, hat es in die Gruppe der 20 sogenannten Tierdienstkinder geschafft, für die es eine lange Warteliste gibt. Andere Angebote stehen allen Kindern offen: Dienstags leiten ehrenamtliche Mitarbeiterinnen eine Töpfergruppe, an jedem zweiten Donnerstag hat sich ein Mädchentreff etabliert. Der Baubereich ist allen Kindern ab sechs Jahren zugänglich, um sich, beaufsichtigt und angeleitet vom Betreuerteam, mit Hammer und Nägeln an Holzbrettern auszuprobieren. Stammbesucher haben ihre ganz eigenen Buden als Rückzugsmöglichkeiten in monatelanger Arbeit zusammengehämmert und sogar einen Vertrag über deren Nutzung unterschrieben. Darin sind Regeln, Rechte und Pflichten im Umgang mit der „eigenen Bude“ festgelegt. „Das sind alles Dinge, die ihnen im weiteren Leben noch begegnen werden“, sagt van den Berg. Und damit meint er: Regeln festlegen, sich daran halten. Dinge wertschätzen, das Eigentum anderer wahren.
Vorschriften gibt es ansonsten wenige. „Wir versuchen natürlich, so wenig wie möglich zu regulieren“, sagt er. Ganz schnell hätten die Kinder die wenigen Regeln verinnerlicht. Diese betreffen den respektvollen Umgang der Kinder untereinander, aber auch mit den Tieren. Im Baubereich darf nicht gerannt werden – weil Nägel herausstehen könnten, besteht Verletzungsgefahr. „Statistisch gesehen passieren auf einem Abenteuerspielplatz weniger Unfälle als auf einem ganz normalen Spielplatz“, sagt van den Berg. „Hier begegnen Kinder der Gefahr. Sie dürfen sich mit ihr auseinandersetzen und lernen so einen Umgang mit ihr. Wenn man immer nur vor Gefahren beschützt wird, lernt man nichts.“