Japan-Tag Sehen und gesehen werden in der japanischen Comicwelt

Düsseldorf · An den bunten Kostümen arbeiten Cosplay-Fans teils über Monate. Sie nutzen die Großveranstaltung als Laufsteg und Treff. Neu: Gratis-Umarmungen.

 Tabea Reppekus schwebte als „Wolkendrache“ über die Rheinpromenade. Ein hellblauer Hingucker.

Tabea Reppekus schwebte als „Wolkendrache“ über die Rheinpromenade. Ein hellblauer Hingucker.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Japantag ist auch Cosplay-Tag, also der Tag, in Animé-Rollen zu schlüpfen. Fans der Comics und Videospiele bereiten sich teils monatelang darauf vor, zeichnen, nähen, kleben, schweißen, schrauben an Kostümen, Perücken, Requisiten. Fantasie und geschickte Hände, oft auch die Hilfe von Freunden, sind nötig, bis eine Figur bereit ist für den großen Tag in Düsseldorf. Sich mit Gleichgesinnten zu treffen, seine Kreationen zu zeigen und die der anderen genießen, das zählt für die Szene. Immer mehr junge Leute lassen sich davon begeistern und reisen aus ganz Deutschland und umliegenden Ländern nach Düsseldorf.

„Es geht darum, auch mal zu zeigen, was man über Wochen und Monate so macht“, sagt Tabea Reppekus. Sie hatte Lust, ihre eigene Figur zu kreieren: ein Wolkendrache. Merkmale, die ihr gefallen und die mit ihr selbst zu tun haben, hat sie darin verwirklicht – beispielsweise Freiheitsliebe, für die das Fantasietier steht. Bei den Flügeln, die hoch über sie hinwegragen, haben ihr Freunde und Brüder geholfen. Holz, Scharniere, Baumwolle, Leim und Farbe sind darin unter anderem verarbeitet, viele Abende Arbeit mit ihrer Gruppe stecken darin.

Anna Brudermanns stellt eine Animé-Variante von Alice dar. Vom Kleid bis zur schwarzen Perücke hat sie alles selbst hergestellt. Mit ihren Freundinnen liebt sie es, am Japantag Fans aus der Szene zu treffen. „Mit japanischer Tradition hat das zwar nichts mehr zu tun – aber es ist unsere eigene Kultur, eine Internetkultur“, sagt Eva Brudermanns, die eine Art mittelalterlicher Punk darstellt.

 Auch diese junge Frau warb um kostenlose Umarmungen.

Auch diese junge Frau warb um kostenlose Umarmungen.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Denn im Netz entstehen die meisten Geschichten, in Blogs und in Videospielen, in Foren finden Neulinge jede Menge Tipps und Tricks für die aufwendigen Kostüme. Manche schaffen es, auch Freunde zu Hause zu begeistern, gehen dem Hobby gemeinsam nach. Einige sind auf Veranstaltungen angewiesen. Sich am Japantag dann auch mal in „echt“, und das ohne Eintritt mit einer so großen Menge an Gleichgesinnten austauschen zu können, das genießen die jungen Leute. Rund um den Landtag und an der Brücke treffen sich besonders viele Fans, darunter nicht wenige mit Schildern um den Hals, auf denen sie mit „Free Hugs“ werben, also mit kostenlosen Umarmungen. Die Aktion hat mit Japan nichts zu tun, hat sich aber in der Cosplay-Szene etabliert und gehört mittlerweile als Ritual der Szene am Japantag dazu. Die Fans legen Wert auf eine offene, herzliche Atmosphäre, auf Nähe. Wer Lust hat, kann sich daher stundenlang solche Umarmungen holen, an einer Menschenkette entlang und von jeder beliebigen Animé-Figur. Hunderte sind dabei.

„Normalerweise bin ich eher auf Abstand zu Leuten, die ich nicht kenne, aber hier passt das total für mich mit der offenen, freundlichen Atmosphäre“, sagt eine verkleidete Frau. Schließlich kann man sich aussuchen, wen man umarmt, welche Figur einem sympathisch ist. Am nächsten Tag ist noch Zeit genug, die Animé-Welt wieder zu verlassen.

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