S-Bahn-Surfen ist wieder in

Leichtsinn: Kinder werden durch Videos im Internet zu den Aktionen verführt. Ein 13-Jähriger wurde jetzt schwer verletzt.

Düsseldorf. Mike S. ist heute 19 Jahre alt. Er weiß, was Schmerzen sind. Im Februar 2003 rutschte er beim S-Bahn-Surfen im Düsseldorfer Hauptbahnhof ab, geriet zwischen Bahn und Bahnsteig und wurde schwerst verletzt. Die WZ berichtete. "Es gab eigentlich keinen Grund das zu tun", erinnert er sich. Der Unfall hat ihm das Becken zermalmt, die Harnröhre abgerissen.

Das Phänomen S-Bahn-Surfen ist aus der Versenkung wieder aufgetaucht. "Wir hatten in den letzten Jahren fast keine Fälle mehr", sagt Wolfgang Heimann von der Bundespolizei. Heimann fürchtet ein Wiederaufleben dieses "Extremsports", der offenbar durch das Internet im Moment als richtig "cool" erscheint.

Der Held der Szene ist Alexander Richter aus Frankfurt. Der 23-Jährige ist auf einem ICE von Hanau nach Frankfurt gesurft, der Zug fuhr weit über 200 Stundenkilometer. Im Netz wird das Video, das er dabei selbst gedreht hat, wie das Dokument eines Heiligen verehrt. Vor allem, weil das Gerücht gestreut wurde, Richter sei tot. "Diese Sportart ist nichts für Leute, die felsenfest am Leben hängen", sagte der Trainrider, wie er sich nennt, einmal in einem TV-Interview.

Der Fall von Mittwoch könnte aber auch der schief gegangene Versuch einer Mutprobe sein. "Wenn es darum geht, sich selbst zu bemessen, sind Jugendliche höchst erfinderisch", sagt Gisela Miller-Kipp, Professorin am Erziehungswissenschaftlichen Seminar der Heinrich-Heine-Universität. Und in diesem Sinne seien auch so riskante Selbstversuche wie das S-Bahn-Surfen zu verstehen. "Leichtsinn ist typisch für die Mutproben im Jugendalter."

"In diesem Alter ist die Fähigkeit, die Folgen solchen Tuns abzuschätzen, noch nicht ausgereift." Allerdings ende der Leichtsinn heute sehr viel schneller tödlich. Die sich rasant entwickelnde Technik sei nur scheinbar beherrschbar. "Eltern müssen ihren Kindern die Gewalt der Technik vorführen, das hält sie vielleicht von solchen riskanten Manövern ab", sagt Miller-Kipp.

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