Russisch: VHS Düsseldorf ist Spitzenreiter

Mit 22 Kursen hat das Institut der Landeshauptstadt in NRW das größte Angebot. Es nutzen sogar Muttersprachler.

Düsseldorf. Russland, die Ukraine, Kasachstan, Usbekistan, selbst Wladiwostok am Pazifik — Katharina Berndt kennt fast alle Länder der ehemaligen Sowjetunion. Nicht nur von der Landkarte, die im Büro der VHS-Fachbereichsleiterin für Russisch hängt. Zehn Jahre lang dolmetschte die promovierte Slawistin in zahlreichen Industrieanlagen für die Klöckner-Werke.

Schon in jungen Jahren zog es sie in das Land der Dichter, studierte in Kazan und an der ehrwürdigen Lomonossow-Universität auf den Moskauer Leninbergen, die immer noch als erste akademische Adresse des Landes gilt. Wenn auch mittlerweile dort amerikanische Verhältnisse herrschen: Bis zu 5000 Euro müssen Studenten pro Semester hinblättern für einen Studienplatz im einst kommunistischen Weltreich.

Dennoch: Berndts Begeisterung für die Sprache, die Menschen („Sie lesen mehr als die Deutschen“) und die Kultur ist ungebrochen und sie gibt sie seit 2000 an der Volkshochschule weiter an Schüler jeden Alters. Abends büffeln derzeit etwa 170 Schüler in 22 Kursen pro Halbjahr am Bertha-von-Suttner-Platz, in Räumen des Luisen- und Goethe-Gymnasiums. Düsseldorf ist Nummer eins in NRW, die VHS-Köln beispielsweise zählt gerade einmal 60 Schüler für das Fach.

Das liegt nicht nur daran, dass hier das Finanz- und Handelszentrum des Landes ist, 50 russische Firmen am Rhein ihren Sitz haben und 50 Düsseldorfer Konzerne sich in Russland etabliert haben, darunter Eon, Metro, Henkel und Thyssen-Krupp. Sondern auch daran, dass hier 8500 Russen leben, die drittgrößte Community mit Supermärkten, Buchläden, Popkonzerten und eigenen Filmfestivals. Russisch hört man auf unseren Straßen genauso wie in Kinos, der Rheinoper oder beim Ballett.

Unterrichtet wird von Muttersprachlern und diplomierten Slawisten mit modernen Büchern, Hör-CDs, CD-Roms und anderen Medien. Vokabelübungen kann man sich auch auf das Smartphone herunterladen.

Wer will Russisch lernen? „Selbst Russen, die hier aufwuchsen, aber kaum ihre Muttersprache beherrschen („bis auf Küchen-Russisch“) belegen VHS-Kurse, um das europaweit anerkannte TEL-C-Diplom zu erwerben. Das sind zehn Prozent unserer Schüler“.

Bei den Anfängern trifft man auf eine Hausfrau, deren Sohn kürzlich eine Russin geheiratet hat. Eine Arzthelferin, die mit ihren russischen Freunden auch mal in deren Sprache kommunizieren will. Oder auf einen Rechtsanwalt, der mit Klienten Smalltalk in Russisch praktizieren will.

Ebenso vertreten ist ein Jura-Student, der den diplomatischen Dienst anstrebt. Ein TEL-C-Diplom hebt ihn aus der Masse von Bewerbern heraus; denn Russisch gilt im Vergleich zu Französisch und Spanisch immer noch als Exotensprache.

Die Prüfungsaufgaben kommen aus der Zentrale in Frankfurt. Am Anfang steht das kyrillische Alphabet, die erste Hürde, die die meisten in sechs Wochen nehmen. Danach müssen die Fälle gelernt werden. Wenn man korrekt sprechen will, reicht nicht das Überlebens-Russisch.

„Nach 15 Doppelstunden können durchschnittlich Begabte bereits einen Text lesen“, sagt Katharina Berndt. Manche, die bereits andere Sprachen gelernt haben und die Methoden kennen, überspringen eine Stufe oder zwei Stufen.

Für Interessierte bieten die Kurse auch soziale Kontakte, gemeinsame Kunst-Reisen nach St. Petersburg oder Moskau. Und wer virtuelle Kontakte sucht, kommt auf seine Kosten unter www.vkontakte.com, die russische Entsprechung für Facebook.

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