Stadtplanung Ortsbesuch in einer vermeintlichen No-go-Area

Düsseldorf · Rath Bezirkspolitiker inspizierten mit Ralf Thomas das berüchtigte Schausteller-Gelände zwischen Theodorstraße und Mühlenbroicher Weg.

 Mit eigenen Augen und nicht vom Schreibtisch aus wollten die Bezirkspolitiker das Schaustellergelände mit der heftig diskutierten Halle unweit der Theodorstraße besichtigen.

Mit eigenen Augen und nicht vom Schreibtisch aus wollten die Bezirkspolitiker das Schaustellergelände mit der heftig diskutierten Halle unweit der Theodorstraße besichtigen.

Foto: Helga Meister

An der Theodorstraße blüht das Gewerbe. Hier liegen Hotels, Autozentren, demnächst auch Bau-, Garten- und vielleicht doch noch Möbelmärkte sowie Stahlhändler im Einzugsgebiet von Vallourec & Mannesmann. Aber es gibt auch ein Gebiet mit sehr hohem sozialen Handlungsbedarf. Diesen „Sozialraum 603“ zwischen Theodorstraße, Oberhausener Straße und Mühlenbroicher Weg wollte die Bezirksvertretung 6 kennenlernen. Bezirksbürgermeister Ralf Thomas, CDU-Sprecher Gerhard Peters, Verwaltungsstellenleiter Ralf Hagelüken, Stadtplaner, Bezirksvertreter und Anlieger machten sich auf den Weg. Sie fanden Erstaunliches.

Die Schattenseite der Schicki-Micki-Stadt

Dieser Zipfel von Rath gehört zu zehn von 178 Sozialräumen, die die schlechtesten Noten haben, weil 46,6 Prozent Hartz-IV-Empfänger und 36 Prozent Arbeitslose sind. Ein Viertel jenseits von Schicki-Micki, aber mit einem enormen Potenzial an Freiflächen, die als Müllhalden, Abstellplätze und Schausteller-Großparkplatz dienen. Mietwohnreste befinden sich am Rande der ehemaligen Industriefläche von Mannesmann. Die Häuser gehören großenteils der Düsseldorfer Wohnungsgesellschaft. Es gibt auch Gebäude an der Theodorstraße, die die einstige Hausbesetzer-Szene für sich reklamierte und in denen heute das Selbstverwaltete Wohnprojekt Theodorstraße (SWT) seinen Sitz hat.

Gleich der Auftakt des Rundgangs zeigte, wie disparat die Situation in diesem Sozialraum ist. Da liegt das „Oceans“, der größte Puff der Stadt. Es gibt Künstler-Ateliers, eine Modefirma, aber auch den Zulieferer Huf, der gerade den Verkauf der Tochter Huf Electronics erwägt, wodurch 250 Mitarbeiter arbeitslos würden.

Eigentlich gar nicht für den Rundgang vorgesehen war das Schaustellergelände, für viele Düsseldorfer eine No-go-Area, die mit Polizei-Razzien Schlagzeilen gemacht hat. Dort liegt jene eher unscheinbare Halle, die für Wirbel gesorgt hat, weil sie angeblich illegal gebaut worden sei und per Gerichtsurteil abgerissen werden soll.

Die Politiker wie die Bürger kamen sich wie Abenteurer vor, die durch ein Gefahrengebiet stromern. Hunde bellten, Pferde wieherten. Am meisten erstaunten all die Autowracks und die Lieferwagen einer Brotfabrik am Rand. Selbst der Polizeihauptkommissar Ralf Pavel konnte nicht sagen, wo der öffentliche Straßenraum aufhört und das Privatgelände der Schausteller anfängt. Was jedoch am meisten verwunderte, war die Größe des Sozialraums mit 84 Hektar bei nur 409 Bewohnern.

Weder Pläne nach Wünsche gibt es für das große Gebiet

Die vielen Brachen irritierten. „Das Gebiet muss auf alle Fälle entwickelt werden“, sagt Bezirksbürgermeister Thomas. Und auch CDU-Sprecher Peters meint: „Es muss ein Flächennutzungsplan, ein Entwicklungsplan und ein Bebauungsplan entstehen.“ Zum Inhalt haben sich die beiden Politiker  kurioserweise bislang keine Gedanken gemacht. Auch konkrete Wünsche haben sie nicht. Thomas gibt zu bedenken: „Die Schausteller haben Pachtverträge bis 2024. Aber sie haben auch die Option zu verlängern. Sollen die Schausteller bleiben? Teilweise bleiben? Oder abziehen? Solange wir das nicht wissen, können wir nicht planen.“

Die Frage, ob es dort nur Gewerbe oder auch Wohnungen geben sollte, ist nicht geklärt. Peters: „Walter Brune macht vor, dass man auch an der Bundesbahnlinie Wohnungen bauen kann.“ Und Bezirksbürgermeister Thomas erklärt, am Vogelsanger Weg plane man neuerdings sowohl Wohnungen als auch Gewerbe. Es gibt aber auch Anlieger, die dort gern einen Park hätten, selbst zwischen Autobahn und Bahngleisen.

Auf jeden Fall wird es Zeit, erste Planungsüberlegungen anzustellen.

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