Abschaffung von Religion in der Schule „Religion vermittelt Lebensnähe“

Einer Studie zufolge wollen zwei Drittel der Deutschen das Fach abschaffen. In Düsseldorf fällt die Akzeptanz jedoch deutlich höher aus.

Abschaffung von Religion in der Schule: „Religion vermittelt Lebensnähe“
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Düsseldorf. Lena mag „Reli“. „Da diskutieren wir viel. Es geht nicht nur um Geschichten aus der Bibel, sondern auch darum, wie sie auf die heutige Zeit übertragen werden können“, sagt die Schülerin des Max-Planck-Gymnasiums. „Es ist ein Fach, in dem wir auch kreativ sind, zeichnen und Geschichten schreiben dürfen“, sagt sie. „Es ist vielleicht nicht mein Lieblingsfach, aber ich mag es gerne und würde nicht drauf verzichten wollen.“ Auch für Lenas Vater stand nie zur Debatte, seine Tochter vom Unterricht zu befreien. „Lena ist evangelisch getauft, und ich finde es wichtig, dass sie auch den Unterricht besucht“, sagt er. „Es werden Werte vermittelt, die sie im Leben weiterbringen.“

Mit dieser Meinung steht Falko Kaulmann nicht allein da. Und doch gibt es eine Studie, die jüngst ein ganz anderes Bild zeichnete: Mehr als zwei Drittel der Deutschen plädieren laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov für eine Abschaffung des Religionsunterrichts an Schulen. Etwa 69 Prozent der Deutschen sind demnach dafür, den Religionsunterricht durch einen sogenannten Werteunterricht zu ersetzen. 39 Prozent der Befragten entsprechen diesem Wunsch voll und ganz, 30 Prozent würden ihn befürworten. Mit dem Wunsch folgen sie dem luxemburgischen Vorbild. In dem Nachbarland wird kein Religion mehr in der Schule gelehrt, stattdessen werden Schüler in dem Kurs „Leben und Gesellschaft“ unterrichtet. Einige Experten halten die Studie jedoch für fragwürdig. Repräsentativ sei sie bei Weitem nicht, nur 1048 Personen seien im Zeitraum vom 23. bis 27. September 2016 befragt worden. Auch die Art der Auswertung kritisieren Experten als unseriös.

Die Frage jedoch bleibt interessant: Ist der Religionsunterricht in Düsseldorf ein Auslaufmodell? „Auf keinen Fall“, sagt Kerstin Abs, Schulleiterin des Marie-Curie-Gymnasiums in Gerresheim. „Auf unsere Schule trifft das nicht zu. Das Gegenteil ist eher der Fall.“ Ab Klasse fünf bietet die Schule evangelische, katholische Religionslehre sowie das Fach Praktische Philosophie an. Die Religionskurse sind so stark nachgefragt, dass pro Jahrgangsstufe gleich mehrere parrallel laufen, für Praktische Philosophie reichen die Anmeldezahlen nur für einen Kurs aus. „Nur in der siebten Jahrgangsstufe gibt es einen ,Knick’: Dann haben die Schüler Wind davon bekommen, dass es noch etwas anderes als Religionslehre gibt und schnuppern in den Philosophiekurs rein. Die meisten kommen dann aber wieder in den Religionsunterricht zurück“, sagt Abs. „Von den so genannten Abwählern haben wir nur sehr wenige.“

Die Zahlen für Düsseldorf geben ebenfalls keinen Anlass zur Annahme, dass der Religionsunterricht Schüler verliert: Im Schuljahr 2013/2014 nahmen von insgesamt 86 905 Schülern an allgemeinbildenden Schulen 20 548 am evangelischen Religionsunterricht teil, 25671 am katholischen. 1168 besuchten den islamischen Unterricht, 6158 belegten das Fach Praktische Philosophie. Auch im Schuljahr 2015/2016 bleiben die Schülerzahlen für den katholischen und islamischen Religionsunterricht auf etwa gleichem Niveau. Auch bei den Zahlen für den evangelischen Religionsunterricht sowie das Fach Philosophie sind keine massiven Verluste oder Anstiege zu verzeichnen.

Pfarrer Bruno Schmidt-Späing ist evangelischer Schulreferent und gibt ebenfalls Entwarnung: „Ich kenne es in Düsseldorf seit Jahren so: Ein Drittel der Schüler besuchen die evangelische Religion, ein Drittel katholische Religion und ein Drittel das Fach Philosophie. Geändert hat sich daran trotz kleinerer Schwankungen im Großen und Ganzen nichts.“ Religionslehre sei nach wie vor ein beliebtes Fach, die These des Meinungsforschungsinstituts stimme nicht mit der Wahrnehmung des evangelischen Schulreferats überein. Schmidt-Späing betont: „Ein guter Religionsunterricht schafft es, Lebensnähe zu vermitteln. Und damit schafft man es auch, das Interesse der Schüler am Fach aufrechtzuerhalten.“

Auch am Marie-Curie-Gymnasium versucht man es mit Lebensnähe: „Es werden viele soziale Projekte sowie Praktika durchgeführt, die im Religionsunterricht verankert sind und thematisiert werden“, sagt Direktorin Kerstin Abs.

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