Prozess zum Wehrhahn-Anschlag: Ralf S. streitet alles ab
Mehr als zwei Stunden sprach der Angeklagte gestern beim Auftakt des Verfahrens.
Es sind viele Fragen, die Opfer und krische Beobachter der rechtsextremen Szene beschäftigen. Warum kommt es erst fast 18 Jahre nach dem blutigen Anschlag auf dem S-Bahnhof Am Wehrhahn zum Prozess? Warum konnte Ralf S., der sofort ins Visier der Fahnder geriet, nicht früher überführt werden? Gab es Pannen bei den Ermittlungen, und was wusste der Verfassungsschutz? Fragen, die der Prozess, der gestern vor dem Düsseldorfer Landgericht begann, wohl nicht beantworten wird. Denn in dem Verfahren wegen zwölffachen versuchten Mordes geht es ausschließlich darum, ob der Mann auf der Anklagebank schuldig ist oder nicht. Aus fremdenfeindlichen Motiven soll Ralf S. eine Bombe gebastelt haben, die zehn Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzte. Der 51-Jährige antwortete gestern mit einem kurzen „Nein“, als er von dem Vorsitzenden Richter Rainer Drees gefragt wurde, ob er für den Anschlag verantwortlich sei. 37 Verhandlungstage sind zunächst für den Indizien-Prozess angesetzt, ein Urteil könnte am 11. Juni fallen.
Der Angeklagte Mehr als zwei Stunden sagte Ralf S. gestern aus. Er wies alle Vorwürfe zurück: „Irgendjemand hat einen Geist gesehen und will ihn jetzt nicht loslassen.“ Er räumte ein, dass er Unterlagen und Zeitungsausschnitte von dem Anschlag mit ins Gefängnis nach Castrop-Rauxel genommen hat. Aber nur, weil man ihm dort helfen wollte, dass sein Name im Zusammenhang mit der Tat aus dem Internet verschwinden soll.
Die Tat Am 27. Juli 2000 waren zwölf Sprachschüler aus der ehemaligen Sowjetunion auf dem Heimweg von ihrer Schule, die nur wenige hundert Meter von dem S-Bahnhof entfernt ist. Um 15.03 Uhr explodierte ein mit TNT gebastelter Sprengkörper, der in einer Plastiktüte an einem Geländer des Bahnhofseingangs hing. Zehn Menschen, darunter sechs Aussiedler jüdischen Glaubens, wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Eine damals 24 Jahre alte Frau, die wie drei weitere Opfer aus Solingen stammte, verlor ihr ungeborenes Baby. Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück machte gestern deutlich, dass es Tote gegeben hätte, wenn die Bombe nicht aus verunreinigtem TNT gebaut worden wäre.