Radelnde Reporterin Die „Paulsmühle“ in Benrath erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Düsseldorf · Von der vermeintlichen „Angströhre“ bis raus ins Naturschutzgebiet führt die Tour — immer an der sicheren Seite des Bezirksbeamten Jürgen Unger.

 Der Bezirksbeamte Jürgen Unger zeigt WZ-Redakteurin Annic Völkel die Baustelle des „Mühlenquartiers“ gleich hinter der Eissporthalle.

Der Bezirksbeamte Jürgen Unger zeigt WZ-Redakteurin Annic Völkel die Baustelle des „Mühlenquartiers“ gleich hinter der Eissporthalle.

Foto: Judith Michaelis/Michaelis, Judith (JM)

Diesmal soll es mit dem Rad in den Düsseldorfer Süden gehen. Nach Benrath. Ich möchte sehen, wie sich insbesondere die Pauslmühle (Benrath-Ost) wandelt. Ich habe Glück: Es gibt mit Jürgen Unger einen Experten für dieses Gebiet. Der 60-Jährige ist Polizeihauptkommissar, seit 1975 bei der Polizei und seit dem Jahr 2000 der zuständige Bezirksbeamte. Er ist aber auch ein Kenner des Düsseldorfer Südens. Aufgewachsen in Garath lebt er heute in Urdenbach. Von dort fährt er durch den Benrather Schlosspark mit dem Rad zu seinem Büro in der Polizeiwache Benrath an der Börchemstraße. Hier treffen wir uns.

Bei einem Bezirksbeamten steht der Außendienst an erster Stelle. Präsent im Viertel sein, Ansprechpartner für die Bürger, „Freund und Helfer“, sagt Jürgen Unger selbst, für den dies keine Floskel ist, sondern Haltung. Wenn er in seinem Revier zwischen Paulsmühle und Elbsee unterwegs ist, dann am wenigstens mit dem Auto, eher mit dem ÖPNV, zu Fuß und eben von März bis November am liebsten mit dem Dienstfahrrad.

An der sicheren Seite von Unger geht die Radtour an der Polizeiwache los. Ich erfahre, dass man durch die Fußgängerzone sogar zu bestimmten Zeiten mit dem Rad fahren darf. Was viele nicht wissen, erklärt mir der Polizist: Mit einem Fuß auf der Pedale und beiden Händen am Lenker, darf man sich in allen Fußgängerzonen mit dem Rad fortbewegen. Wie ein Rollerfahrer. Das ist praktisch. Und zu meiner (und auch Ungers) Freude stören in Benrath noch keine ungeübten E-Rollerfahrer. Die Leihfahrzeuge gibt es im Stadtteil fern des Düsseldorfer Zentrums noch nicht.

Auf dem Radweg, der sich auf der Cäcilienstraße auf dem Bürgersteig befindet, fahre ich dem Bezirksbeamten hinterher. Frage mich, ob der schmale Weg wirklich in beiden Fahrtrichtungen beradelt werden darf. Aber der Polizist muss es ja wissen. Für andere Nutzer wäre hier eine schlichte Pfeil-Markierung hilfreich. Vielleicht reagiert das Amt für Verkehrsmanagement ja auf diese kleine Anmerkung...

Die „Angströhre“: Wichtige Verbindung mit scharfer Kurve

Nun aber geht es Richtung Benrather Paulsmühle. Und damit direkt zur Unterführung, die die Paulsmühlenstraße mit der Benrather Stadtteilmitte verbindet. Wir stoppen vor der seit Jahrzehnten so genannten Angströhre. Ist es denn hier wirklich so gefährlich? Jürgen Unger winkt ab. „Ich würde das Wort Angströhre mit sehr vielen Anführungszeichen versehen“, sagt er. Klar wünscht auch er sich eine bessere Beleuchtung, die Lampen heute würden schon öfter zerstört. Neu sei auch, dass mit der Eröffnung des Albrecht-Dürer-Kollegs die Unterführung unter den Bahngleisen und der Münchener Straße nahe des Bahnhofs Benrath für Radfahrer befahrbar sei.

Und hier ist an diesem heißen Dienstag, einem Tag vor Schulbeginn, auch ohne die Schüler jede Menge Radverkehr. Viele durchqueren den Tunnel und betätigen permanent ihre Klingel. Warum nur? Jürgen Unger erklärt: Am anderen Ende der Röhre kommen die Radler steil um eine Kurve herumgefahren und Fußgänger laufen hier schließlich auch. Man will sich bemerkbar machen. Das verstehe ich gut beim Durchradeln, auch wenn zur besseren Übersicht am anderen Ende nun ein großer Spiegel Einblicke verschafft, wer da von rechts kommt. Da die „Angströhre“ eine sehr wichtige Achse ist, hofft Unger darauf, dass sie modernisiert und die Kurve entschärft wird.

Wir sind nun in der Paulsmühle, blicken auf den vor genau einem Jahr eröffneten Neubau des Albrecht-Dürer-Kollegs. Mit seinen 4000 Schülern, die allerdings nicht täglich hier alle vor Ort sind. Wie klappt es denn mit dem Verkehr und Parkplätzen rund um das riesige Gebäude? Der Polizist zieht eine positive Bilanz: „Die Tiefgarage scheint auszureichen, die Parksituation ist unverändert, mir ist nichts Negatives bekannt.“

Schräg gegenüber von der Schule befindet sich die beliebte Eissporthalle. Deren Saison beginnt in diesen Tagen, allerdings ist es beschlossen, dass der Standort aufgegeben wird und eine neue Halle an der Kappeler gebaut werden soll. Denn an der Paulsmühlenstraße wird kräftig gebaut. Das „Mühlenquartier“ mit seinen 364 Wohnungen wächst nun rasant, zum Jahresbeginn 2020 sollen erste Häuser bezogen werden. Die Bürgerinitiative „Lebenswerte Paulsmühle“ und weitere Anwohner aber auch Stadtteilpolitiker haben Bedenken, ob die Infrastruktur (Straßen, Grundschule) überhaupt ausreichen kann.

Der Bezirksbeamte versteht die Sorgen. Andererseits aber sagt er bezogen auf die ewigen Industriebrachen, die nun endlich bebaut werden sollen: „Die Paulsmühle erwacht aus einem Dornröschenschlaf und wir brauchen die Wohnungen.“ Er ist zuversichtlich, dass auch gleich auf der nördlichen Seite der schmalen Paulsmühlenstraße das Gebiet in naher Zukunft bebaut wird. Auch hier befürchten Benrather, dass zu viele Wohnungen entstehen und die Infrastruktur nicht ausreicht. Das Planverfahren läuft noch.

Die Strecke, die Jürgen Unger mehrmals in der Woche mit dem Rad abfährt und insgesamt 20 Kilometer lang ist, führt weiter Richtung Bahnhof Benrath. An der Hildener Straße steht noch immer das ehemalige Werk von ThyssenKrupp Nirosta. Ein weiteres riesiges Areal für den Bau-Boom in Benrath.

Über die Einsiedelstraße vorbei an der Grundschule, für die Unger ab dieser Woche wieder für die Schulwegsicherung verantwortlich ist, fahren wir nun ins Grüne. Durch Benrather und Hasseler Forst zum Elbsee. Denn auch das Naturschutzgebiet gehört zum Bezirk des Polizisten. Hier spricht er Hundebesitzer an, die die Tiere nicht anleinen, guckt, ob keiner im See schwimmt. Dass er den Dienst mit dem Fahrrad unternimmt, ist freiwillig. Aber Unger sagt: „Ich habe dann einen anderen Blick, achte mehr auf zugeparkte Radwege, weil ich ja dann selbst behindert werde.“ Der Bezirksbeamte auf dem Rad, das kommt bei den Bürgern gut an. Immer wieder wird Unger von ihnen auf der Strecke freundlich gegrüßt.

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