Notfallseelsorge in Düsseldorf : Notfallseelsorger - Notärzte für die Seele
Düsseldorf Sie überbringen Todesnachrichten, kümmern sich um Angehörige und helfen in Situationen, von denen sich jeder erhofft, sie nie zu erleben.
Als es am 19. August 2015 um 3 Uhr morgens an der Tür klingelt, hat Doris Babczynski schon geschlafen. Ihr Mann Bartosch war bei der Arbeit. Nachtschicht. Aber der Hund war wach und hat gebellt. „Als ich aus dem Fenster geschaut habe, habe ich schon mehrere Polizisten gesehen“, erinnert sich die heute 47-Jährige an den Tag. Die Beamten wollen zu ihr und haben eine schreckliche Nachricht für sie: Ihr Sohn, 19 Jahre alt, ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Was passiert ist, nachdem sie das hörte, weiß sie heute nicht mehr. Wie viele Polizisten waren da? Wer hat die Nachricht übermittelt? Alle Details und Einzelheiten dieser Stunden hat der Schock verdrängt.
Nicht vergessen haben die Babczynkis den Notfallseelsorger, der mit der Polizei vor Ort war. Doris Babczynski: „Der Seelsorger hat uns alles ganz genau erklärt. Die Hand gehalten, zugehört und auch die Geschwisterkinder betreut.“ Die Babczynskis haben noch vier jüngere Kinder. „Wir sind für die Situationen da, von denen sich jeder erhofft sie nie zu erleben“, erklärt Olaf Schaper die Aufgabe der Notfallseelsorge. Der evangelische Pastor leitet die Notfallseelsorge in Düsseldorf seit 24 Jahren und hat auch die Babczynkis betreut. Eine weitere Aufgabe der Seelsorger ist es, Türen zu öffnen. Ganz konkret: den Zugang zur Rechtsmedizin ermöglichen, damit die Eltern ihren Sohn noch ein letztes Mal sehen und sich verabschieden können.
Die Notfallseelsorger organisieren aber auch Kontakte zu Trauergruppen, zur Traumaambulanz. Helfen an den Stellen, an denen die Eltern noch nicht in der Lage sind zu handeln. Organisieren zum Beispiel Kontakte zu Psychologen. „Wir verlassen die Familien erst wieder in einem stabilen Zustand“, sagt Schaper.
Bartosch Babczynski (48) erinnert sich: „Das Aushalten der Situation war das Schwierigste. Gemeinsames Schweigen hilft.“ Deshalb haben die Babczynskis auch eine eigene Selbsthilfegruppe „Echo“ für betroffene Eltern gegründet. Bis heute treffen sie sich regelmäßig.
Notfallseelsorge gibt es in Düsseldorf seit 1996
Die Feuerwehr kam Anfang der 1990er Jahre auf die evangelische Kirche zu, bat um seelsorgerische Hilfe bei Notfällen. Nach mehreren Jahren Vorarbeit wurde die Stelle im April 1996 unter der Leitung von Olaf Schaper gegründet, „um Menschen in Krisen, nach Unfällen und Unglücken zur Seite zu stehen.“ Nur eine Woche nach der Gründung kam es zum ersten Großeinsatz der Notfallseelsorger: am 11. April 1996 brennt es am Flughafen, 17 Menschen kommen ums Leben, 88 werden verletzt.