Geschichte in Düsseldorf : Ein Blick auf die Geschichte Oberbilks
Oberbilk Das Geschichtsbewusstsein in Oberbilk ist unterentwickelt. Einige Kenner des Stadtteils haben eine Menge vor, um das zu ändern – etwa mit Kunst- oder Zeitzeugen-Projekten.
Viel, was auf die Geschichte des Stadtteils hindeutet, gibt es nicht in Oberbilk. Am östlichen Ausgang das Hauptbahnhofs hängen zwei große Steinreliefs, die an die industrielle Prägung des 19. Jahrhunderts erinnern. Doch diese sind zum Teil stark mit Taubenkot verdreckt, die Bronzetafeln mit erklärenden Texten verwittert, unleserlich – und teils inhaltlich falsch. „Zu lesen ist, dass die dargestellten Personen an einer Formschmiedepresse arbeiten. Es handelt sich jedoch um eine Freiformschmiede. Ein Detail, aber ärgerlich“, sagt Helmut Schneider.
Er ist Geograph an der Universität Duisburg und hat sich wissenschaftlich mit dem Stadtteil Oberbilk beschäftigt. Aus diesem Interesse heraus hat Schneider Ende des vergangenen Jahres die „Aktion Oberbilker Geschichte(n)“ ins Leben gerufen, einen Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Historie des Stadtteils sowohl für dessen Bewohner als auch für Auswärtige erfahrbar zu machen. Dafür arbeitet Schneider seit einigen Monaten mit heimatverbundenen Oberbilkern, Wissenschaftlern sowie Mitgliedern der lokalen Politik und Vereinen zusammen. Mit von der Partie sind unter anderem die SPD-Bezirksvertreterin und Vorsitzende des örtlichen Bürgervereins, Katja Goldberg-Hammon, der ehemalige Bezirksbürgermeister und jetzige SPD-Bezirksvertreter Marko Siegesmund sowie Dieter Sawalies, der für die Linken in der Bezirksvertretung sitzt. Zum Vorstand gehört aber auch Conny Häusler, die seit langer Zeit in Oberbilk wohnt.
„Ich wohne direkt an dem Teil von Oberbilk, der unglücklich als Maghrebviertel bezeichnet wird“, so Häusler. Sie habe jedoch nie negative Erfahrungen mit den Menschen aus anderen Kulturen gemacht, im Gegenteil: „Das sind sehr freundliche Leute, und wir haben ein gutes, nachbarschaftliches
Verhältnis.“
Menschen aus über 110 Herkunftsländern leben in Oberbilk, und diese Vielfalt, die von außen oft negativ wahrgenommen wird, ist eine der großen Stärken des Stadtteils, ist sich Helmut Schneider sicher. „Bei meiner Arbeit habe ich mit Kindern gesprochen. Sie haben gesagt: Das Schöne ist, dass hier jeder anders ist, also wird jeder so akzeptiert, wie er ist.“
Von Anfang an ist die Geschichte Oberbilks durch Migration geprägt. Der Stadtteil entstand, als sich im frühen 19. Jahrhundert Schwerindustrie in der damaligen Residenzstadt ansiedelte. Entlang der regionalen Eisenbahnstrecken entstand rund um die Fabriken ein Arbeiterviertel, in das Menschen aus der Eifel, der Wallonie und Irland zogen. Dann kamen Gastarbeiter aus Süd- und Osteuropa hinzu, später auch aus Nordafrika und Vorderasien. All diese Menschen miteinander zu verbinden und anhand ihrer einzelnen Geschichten die Geschichte des Stadtteils zu erzählen, das ist eine Aufgabe, die sich der neu gegründete Verein gesetzt hat.