Neue Brustklinik für Düsseldorf

medizin Der bekannte Brustkrebs-Spezialist Werner Audretsch baut am Marien-Hospital eine neue Senologie auf – notwendig ist sie eher nicht.

Düsseldorf. Aus medizinischer Sicht beginnt das Jahr mit einem Paukenschlag: Ab sofort baut Prof. Dr. Werner Audretsch am Marien-Hospital eine neue Klinik für Senologie und Brustchirurgie auf. Eigentlich hatte sich der Brustkrebs-Experte Ende 2009 in den Ruhestand verabschiedet.

Bis dahin leitete er die Senologie am Krankenhaus Gerresheim. Ursprünglich sollte sich der heute 70-Jährige sogar früher zurückziehen, die Klinik hatte allerdings Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden. Der beziehungsweise die ist gefunden, seit Januar ist Dr. Gabriele Schrappe Chefärztin.

Das Marien-Hospital gehört zum Verbund Katholischer Kliniken (VKKD) und ist seit fünf Jahren als Onkologisches Zentrum von der Bezirksregierung anerkannt. "Die Erweiterung des Kompetenzfeldes Brust ist ein folgerichtiger Schritt", sagt VKKD-Geschäftsführer Jürgen Braun. Bisher wurden dort weniger als 50 so genannte Primärkarzinome im Jahr operiert, diese Zahl soll kräftig steigen.

"Ein Brustzentrum der besonderen Art" kündigt Audretsch an. Viel verspricht er sich von den fächerübergreifenden Strukturen am Marien-Hospital: In Sachen Brustkrebs sollen Onkologen, Gynäkologen und Radiologen eng mit dem neuen, dreiköpfigen Senologen-Team zusammenarbeiten. Audretschs Devise: "In der Medizin ist es wie in der Formel1, man muss sehen, dass man im besten Team fährt."

Als das galt bisher aber die Gerresheimer Mannschaft - unter seiner Leitung. Die dortige Senologie, die von Audretsch vor 20Jahren aufgebaut wurde, genießt deutschland- und sogar weltweit einen hervorragenden Ruf. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass die neue Klinik vor allem die Gerresheimer treffen wird. Zumal der Senologe am Marien-Hospital ein Beratungszentrum etablieren will - so wie er es vor zehn Jahren mit "Zebra" (Zentrum für Brustkrebsangelegenheiten) in Gerresheim schon vorgemacht hat.

Ob sein Engagement im Marien-Hospital Konsequenzen für "Zebra" hat, kann Audretsch nur vermuten: "Das Zentrum wird den Patienten folgen." Ein guter Teil der Frauen, der sich bisher in Gerresheim behandeln ließ, könnte jetzt mit Audretsch ins Innenstadt-Krankenhaus gehen.

Wie wichtig das Vertrauen der Patientinnen in ihren Arzt und dessen Reputation ist, weiß man auch im Klinikverbund. Geschäftsführer Jürgen Braun: "Ohne den Namen Werner Audretsch oder einen vergleichbaren, würde es die Klinik zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht geben."

Für die Behandlung von Brustkrebs notwendig ist das neue Angebot wohl nicht. "Kaum eine Stadt ist dabei so gut aufgestellt wie Düsseldorf", sagt eine Sprecherin der Krebsgesellschaft NRW. Die Gerresheimer Klinik bildet mit der Uni-Klinik das Brustzentrum I, Luisenkrankenhaus, EVK und Marien-Hospital das Brustzentrum II, zudem arbeiten Florence-Nightingale-Krankenhaus und das Duisburger Bethesda-Krankenhaus im Brustzentrum Rhein-Ruhr zusammen.

"Wir operieren in Düsseldorf nicht mehr als 450 Primärkarzinome im Jahr, dafür reichen die bestehenden Brustzentren aus. Wir sind optimal aufgestellt", sagt Mahdi Rezai, Ärztlicher Direktor am Luisenkrankenhaus und Leiter des Brustzentrums II. Über die neugegründete Klinik will er nach eigener Aussage nicht offiziell informiert worden sein, der VKKD behauptet das Gegenteil. Dass zwischen ihm und seinem ehemaligen Lehrer Audretsch ein Verteilungskampf um Patientinnen entsteht, glaubt Rezai dennoch nicht. "Ich leite ja das Brustzentrum II."

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