Naturstrom-Boom nach Atomkatastrophe

„Mütter für den Frieden“ demonstrieren. Künstler organisieren eine Benefiz-Aktion.

Düsseldorf. Kein Tag vergeht, an dem die verheerende Katastrophe in Japan nicht auch in Düsseldorf ihre Spuren hinterlässt. In der Landeshauptstadt als Heimat von mehr als 6000 Japanern zeigen die Menschen Solidarität und bemühen sich um Hilfe. Und sie sind auf der Suche nach Alternativen bei der Stromversorgung.

Dem Düsseldorfer Ökostrom-Anbieter Naturstrom bescheren die Auswirkungen der Katastrophe hohe Zuwächse. Am Dienstag wurden bei dem Versorger an der Achenbachstraße nach eigener Angabe 1200 Neukunden registriert. Sonst sind es etwa 100 neue Stromabnehmer täglich.

Am Wochenende nach dem Erdbeben und den späteren Reaktorunfällen seien die Menschen hierzulande erst mal nur geschockt gewesen, erklärt Vorstandssprecher Thomas Banning. Seit Sonntag seien dann die Zuwächse täglich sprunghaft angestiegen.

„Das Moratorium hat die Leute auf die Palme gebracht“, glaubt er. Sichtbar wird dies für die Naturstrom-Verantwortlichen nicht nur durch den Abschluss von Verträgen. Auch die Klicks auf der Internetseite hätten sich von sonst im Schnitt 1500 auf 14 500 am Dienstag ebenfalls fast verzehnfacht.

Bei den Stadtwerken, die unter anderem mit dem Naturrhein-Strom ebenfalls ein alternatives Angebot haben, bleibt es offenbar erst mal bei einem Interesse. „Die Kunden fragen verstärkt nach Ökostrom“, so Sprecherin Christina Näckel. Konkrete Zahlen will der kommunale Versorger allerdings nicht nennen.

Auch auf die Kunstwelt in Düsseldorf hat die Katastrophe in Japan Auswirkungen. Die Kunsthalle plant ab 20. Mai unter dem Titel „The Group 1965“ eine große Japan-Schau mit Werken dieser Gruppe. Poppige, witzige Arbeiten will sie zeigen.

Ihr Motto „We are Beuys“ ist als subversive Referenz auf Joseph Beuys gemeint, der einen großen Einfluss auf die jüngere Generation im Lande Nippon hatte. Doch zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand sagen, ob die Ausstellung stattfinden kann.

Kunsthallenchef Gregor Jansen zögert, mitten in der Katastrophe von Fukushima die Japan Foundation um das von dort zugesagte Geld zu bitten. Jansen will sich in der nächsten Woche mit dem japanischen Generalkonsulat und den Partnern in Köln abstimmen.

Nägel mit Köpfen machen die Künstler Katja Stuke, Oliver Sieber und Michiko Shida. Sie organisieren für den 29. März ab 19 Uhr eine Benefiz-Verlosung im Jacobihaus des Malkastens und haben schon die ersten 70 deutschen und japanischen Künstler gewonnen. Jeder Teilnehmer spendet ein Kunstwerk, das für nur 80 Euro verlost wird. Jedes Los gewinnt.

Es beteiligen sich die Künstlervereine Antifoto, Malkasten und WP8 sowie der Fotoverlag Schaden aus Köln. Der Eintritt wird je nach dem Geldbeutel des Besuchers gestaffelt. Er liegt wahlweise bei zehn, 20 oder 30 Euro. Die japanischen Restaurants Kikaku und Hyuga spenden das Essen, der Weinladen Birkenstraße die Getränke. Die Erlöse des Abends gehen an das Japanische Rote Kreuz.

Unterdessen haben gestern Abend 50 zumeist Frauen in Düsseldorf gegen Atomenergie demonstriert. Die „Mütter für den Frieden“ hatten zu der Aktion auf dem Martin-Luther-Platz aufgerufen.

Am Montagabend waren über 500 Düsseldorfer auf dem Heinrich-Heine-Platz zusammengekommen und nach einer halbstündigen Kundgebung zum Hauptbahnhof gezogen.

Die Initiative hatte vor fast 25 Jahren anlässlich des Tschernobyl-Gaus gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie demonstriert. Heute seien sie alte Frauen, Großmütter. „Viele von uns sind älter als 70 Jahre. Aber für die kommenden Generationen fühlen wir uns nach wie vor verantwortlich.“

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