Namensrechte für Stadien: „Man muss die Fans einbinden“

Der Ökonom Tim Ströbel erklärt, in welchen Fällen sich der Verkauf von Namensrechten für Stadien lohnt.

Düsseldorf. Lohnt sich der Verkauf der Namensrechte für die Arena? Die WZ hat beim Sportökonomen Tim Ströbel von der Universität Bayreuth nachgefragt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Herr Ströbel, was würden Sie der Stadt Düsseldorf raten? Soll sie die Rechte erneut verkaufen?

Tim Ströbel: Man kann diese Frage aus der Ferne nie pauschal beantworten. Ein Namenssponsoring ist eine Besonderheit. Das Unternehmen erhält eine exklusive Position, die mit keiner Banden- oder Trikotwerbung zu vergleichen ist. Deswegen sind mehrere Faktoren zu beachten.

Welche sind das?

Ströbel: Zunächst geht es um den Rahmen. In den USA, wo die Idee herkommt, werden Verträge mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren über hunderte Millionen Dollar abgeschlossen. Das hat Sinn, weil der Name mit der jeweiligen Arena verschmilzt. Ein ständiger Wechsel macht es hingegen beliebig und bringt beiden Seiten nicht die zu erwartenden Vorteile. Wenn eine Marke noch relativ unbekannt ist oder ein schlechtes Image hat, kann sich ein Vertrag zwar auch über ein oder zwei Jahre lohnen.

Aber sinnvoller für beide Seiten ist ein langfristiges Sponsoring. Zweitens bringt es keiner Seite etwas, wenn der Sponsor nicht zum Verein oder der Stadt passt. Beide Marken müssen grundsätzliche Übereinstimmungen haben, dann ziehen beide einen Vorteil daraus. Und drittens müssen Interessengruppen wie Fans und Zuschauer, Stadt und Verwaltung in den Findungsprozess eingebunden werden. Dass diese die Entscheidung mittragen, ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg.

Kennen Sie Beispiele, wo die drei Punkte so umgesetzt wurden?

Ströbel: Ein gutes Beispiel ist die Allianz-Arena in München. Der Vertrag ist langfristig angelegt, und das Stadion hat den Vorteil, dass es neu war und nie anders hieß. Außerdem gibt es den vielzitierten Marken-Fit zwischen Bayern München und der Allianz.

Ein Negativbeispiel wäre hingegen Nürnberg?

Ströbel: In Nürnberg hieß das Stadion lange Jahre Frankenstadion, in jüngster Vergangenheit EasyCredit-Stadion, seit kurzem dann Grundig Stadion. Wenn der Sponsor häufiger wechselt, kommt das nicht gut an.

Zumal die Fans in Nürnberg strickt gegen einen Sponsoren-Namen sind und die Umbenennung in Max-Morlock-Stadion fordern. Die Interessensgruppen einzubinden, ist sicherlich eine große Herausforderung, wäre aber zum Beispiel in Nürnberg extrem entscheidend.

Die Nürnberger Fans argumentieren, dass sich der Verzicht auf einen Sponsor auch wirtschaftlich lohnen würde. Kann man ein solches Alleinstellungsmerkmal vermarkten?

Ströbel: Ein Beispiel ist der FC St. Pauli. Da haben die Fans und Mitglieder schon lange gesagt, dass sie keinen Sponsorennamen haben wollen. Das Stadion heißt schlicht Millerntor. Die Fokussierung auf die Tradition kann Vorteile bringen. Im Fall von St. Pauli funktioniert das „Millerntor“ als Untermarke zum Verein. Damit betreibt St. Pauli entgegen des Images als alternativer Verein eine extreme Kommerzialisierung. Aber wer den richtigen Sponsor findet, profitiert neben den Einnahmen ebenfalls von einer Imageverbesserung.

Was macht einen richtigen Sponsoren denn aus? Wäre ein Düsseldorfer Unternehmen wie Henkel der richtige Sponsor?

Ströbel: Der regionale Bezug ist wichtig, aber er ist nicht alles. Es geht besonders um die Werte im Kern des Unternehmens. Für was steht es? Erst wenn die Markenidentität zum Verein oder der Stadt passt, ist das Sponsoring für beide Seiten sinnvoll.

Auffällig ist aber doch, dass die berühmtesten Sportarenen der Welt keinen Sponsorennamen haben. Beispielsweise der Madison Square Garden in New York, das Wembley in London, Camp Nou in Barcelona oder Maracana in Rio de Janeiro.

Ströbel: Je mehr Tradition und Geschichte ein Stadion hat, umso schwieriger ist es für ein Unternehmen, die Emotionen der Menschen durch eine Umbenennung nicht zu verletzen. Aber selbst bei solchen Stadien kann sich allein die Überlegung lohnen. Die Dallas Cowboys aus der nordamerikanischen Football-Liga NFL spielen schlicht im „Cowboys Stadium“.

Seit Jahren wird darüber gesprochen, die Namensrechte zu veräußern. Möglich wäre es, aber ist es nötig? Nein, die Cowboys haben es finanziell nicht nötig. Aber allein die Diskussion um den „Deal des Jahrhunderts“ bringt dem Verein Aufmerksamkeit.

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