Nagekäfer-Invasion im Schloss-Keller

Rettungsaktion: Am Donnerstag wandern die von Holzwürmern befallenen Überreste des barocken Schnitzwerks in eine Klimakammer.

<strong>Düsseldorf. Im letzten Juni stiegen zwei ausgewiesene Fachleute aus dem Restaurierungszentrum, die Holzspezialisten Jürgen Bandsom und Judith Bützer, in die Katakomben von Schloss Benrath. Im Auftrag des Kulturdezernats sollten sie den barocken Marstallgiebel aus der Zeit des Jan Wellem inspizieren. Das Bild, das sich ihnen bot, entsetzte sie. Unzählige Käfer krabbelte ihnen entgegen und krochen über das Holz. Die Gemeinen Nagekäfer (Fachbegriff Anobium punctatum) waren gerade aus dem geschnitzten Marstallgiebel geschlüpft. Der Wettlauf mit der Zeit begann.

Die Holzkäfer bedrohten auch das Ständerwerk des Schlosses

Jürgen Bandsom schlug Alarm: "Der massive Befall des Holzes mit den Käfern ist eine große Gefahr, nicht nur für den geschnitzten Giebel, sondern auch für das Ständerwerk des Schlosses. Das Benrather Kleinod ist wie ein Fachwerkhaus gebaut."

Nun wurde auch Schlossdame Gabriele Uerscheln aufmerksam, sie wollte den verseuchten Giebel lieber heute als morgen los werden. Bis dahin hatte sich niemand um das Relikt aus der Werkstatt des Hofbildhauers Gabriel Grupello gekümmert. Niemand wollte dafür zuständig sein.

Gunnar Heydenreich, stellvertretender Leiter des Restaurierungszentrums, schaltete die Chemiker von Henkel ein, die über die "Schenkung Henkel" generell dem Restaurierungszentrum zur Seite stehen. Er wollte wissen, was es mit den weißen Flecken auf dem Holz auf sich hat. Er bekam Entwarnung. Der weiße Belag rührt von Salzausblühungen, nicht von Schimmel; das wäre verheerend gewesen.

Heute bringt ein Spediteur die erste von drei Ladungen aus Benrath in die Stickstoff-Kammer. Die Prozedur dauert mehrere Monate. Zunächst muss der Sauerstoff bis auf einen Prozent durch Stickstoff ersetzt werden. Anschließend bleibt das befallene Holz sechs Wochen dem Stickstoff ausgesetzt, damit auch die letzte Larve aus einem Ei geschlüpft und vernichtet ist. Zur Information: Eier sind resistent gegen Stickstoff, Larven nicht.

Nach der Beseitigung der Holzwürmer beginnt die Kunst der Restauratoren. Sie müssen den Dreck, den grauen Bitumen (teerartige Masse zum Abdichten von Dächern) und alte Schutzschichten beseitigen.

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