Düsseldorf Nachhilfe: Jetzt geht es schon in der Grundschule los

Experten und Anbieter beobachten einen starken Trend zu immer früherer Nachhilfe. Offenbar fühlen Eltern stärkeren Druck.

Düsseldorf: Nachhilfe: Jetzt geht es schon in der Grundschule los
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Für Michael Roski (9) gehört die Nachhilfe fast schon zu seiner Grundschulzeit dazu. Der Junge ist im letzten Jahr seiner Grundschulzeit, seit dem Ende der ersten Klasse geht er regelmäßig zu Kumon in Derendorf. Damit ist Michael keine Ausnahme: Immer öfter schicken Eltern ihre Kinder schon während der Grundschule zur Nachhilfe.

Vater Heiko Roski erinnert sich noch an die 1. Klasse: „Michael konnte sich nicht auf den Unterricht konzentrieren, die Leistungen waren schlecht.“ Schnell kam die idee mit der Nachhilfe, der Vater schaute sich um und stieß auf den Anbieter, dessen Konzept ihn überzeugte. Die Entscheidung hat die Familie nicht bereut. „Er geht gern hin, die Noten sind deutlich besser geworden.“

Hört man sich bei Grundschulen und Nachhilfeinstituten um, ist die Beobachtung immer wieder zu hören: Die Schüler, die kommen, werden immer jünger. Brigitte Gerbus zum Beispiel leitet die Filiale des Studienkreises in der Friedrichstadt, sie bezeichnet die Entwicklung als sehr auffällig: „Hatten wir vor etwa drei Jahren noch fast gar keine Grundschüler, so ist es mittlerweile jeder fünfte bis vierte Schüler.“

Ihre Erklärung: Der Druck auf die Familien sei gestiegen. Die Arbeitswelt habe höhere Erwartungen an den Schulabschluss. Also wollten die Eltern, dass ihre Kinder die erfolgversprechendste Schulform besuchen. „Auch an den Grundschulen selbst sind die Anforderungen gestiegen.“

Diesen Aspekt betont auch Arzu Yilmaz vom Anbieter Kumon: „Offenbar kommen viele schon in der Grundschule nicht mehr mit. Sie haben nach dem Ganztag wenig Zeit für Hausaufgaben, die Eltern haben kaum Zeit zu unterstützen, wenn beide arbeiten.“

Den Trend zu früherer Nachhilfe beobachtet auch Stefan Drewes, Leiter des Zentrums für Schulpsychologie. Es würden weniger die lernschwachen Schüler geschickt als jene, deren Eltern sagen: Das Kind soll es aufs Gymnasium schaffen. Zudem beobachtet Drewes Verstärkungseffekte der Art: Wenn der Klassenkamerad im Sommer zum Förderkurs geschickt wird, müssen wir dann nicht auch etwas tun? Grundsätzlich könne Nachhilfe durchaus sinnvoll sein, sagt Drewes, allerdings für einen begrenzten Zeitraum von vielleicht einigen Monaten, um gezielt Lücken aufzuarbeiten. „In der Grundschule sollte es eher die Ausnahme sein.“

Christoph Baumann, Leiter der St.-Rochus-Grundschule in Pempelfort, sieht das ähnlich. Und auch er hat den gestiegenen Druck beobachtet, den Eltern offenbar empfinden: „Manche fragen uns bei der Anmeldung, wie hoch der Anteil der Kinder ist, die aufs Gymnasium gehen.“

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